Mütter, die sich heute im Jahr 2022 in der Stillzeit befinden, gehören der ersten Generation an, für die Tattoos zum normalen und akzeptierten Standard der Körpermodifikation geworden ist. Die Frage nach dem Tätowieren in der Stillzeit ist somit keine seltene.
Es erreichen uns regelmäßig Anfragen für Tattoos von Neu-/ und Stammkundinnen. Leider müssen wir diese ablehnen, denn wer stillt, sollte sich nicht tätowieren lassen.
Warum wollen stillende Mütter Tattoos?
Die meisten Anfragen kommen von Müttern, die bereits tätowiert sind. Während der Schwangerschaft darf die werdende Mutter bereits nicht tätowiert werden. Somit hat sie wahrscheinlich viel Zeit, sich neue Ideen und Konzepte zur Gestaltung ihres Körpers zu überlegen.
Während und nach der Schwangerschaft verändert sich für viele Frauen die Sicht auf ihren Körper. Häufig erleben wir, dass Mütter ein besseres Verhältnis zu ihrem Körper und den dazugehörigen Makeln haben. Dankbarkeit für alles, was der eigene Körper geleistet hat, kann den Wunsch nach einer für alle sichtbaren Veränderung wecken.
Viele frisch gebackene Eltern sind unendlich stolz auf den Nachwuchs und möchten diesen Stolz in Form einer Tätowierung kanalisieren und in die Außenwelt tragen. Vor allem, wenn der Vater schon eher starten darf, kann das für die Mutter inspirierend oder belastend sein. Jeder tätowierte Mensch kennt den „Tattooneid“, wenn er neue Hautbilder bei anderen entdeckt.
Was passiert beim Stillen?
Stillen nährt nicht nur das Baby und versorgt es mit allen Nährstoffen, die es braucht. Stillen verstärkt auch die Bindung zwischen Mutter und Kind. In den ersten Wochen stillen Mütter im Schnitt acht mal innerhalb von 24 Stunden. Dabei entsteht viel Körperkontakt, der dem Baby Wohlbefinden und Sicherheit vermittelt.
Pumpt die Mutter ihre Milch nicht ab, sollte immer nach Bedarf gestillt werden. Sobald das Baby nach Nahrung verlangt, sollte die Mutter nicht zu lange zögern, dem Verlangen nachzugeben.
Welche Gründe sprechen gegen Tätowieren in der Stillzeit?
Anwesenheit des Babys
Aus den oben genannten Fakten wird bereits klar, dass es eine Tattoositzung enorm beeinträchtigen kann, wenn sie durch bedürfnisorientierte Stillzeiten unterbrochen werden muss. Außerdem raten wir dringend davon ab, ein Baby mit ins Tattoostudio zu bringen. Aerosole vom Desinfektionsmittel sind nur ein Beispiel dafür, welche Gefahren für die Gesundheit des Babys im Tattoostudio lauern.
Auf der anderen Seite kann ein Baby, das auf seine Mahlzeit wartet oder diese lautstark einfordert, die Konzentration der Tätowierer*innen negativ beeinflussen.
Offene Wunden mit Infektionsrisiko
Viele Tätowierer*innen lehnen stillende Mütter als Kundinnen ab, da ein neues Tattoo immer auch ein Infektionsrisiko darstellt. Entzündet sich die Tätowierung, kann die Einnahme von Medikamenten notwendig werden. Stillende Mütter dürfen jedoch nicht jedes Medikament einnehmen, was die Behandlung kompliziert machen kann.
Adrenalin ist nicht gut beim Stillen
Für die meisten Kund*innen sind neue Tattoos mit einem erheblichen Anstieg des Adrenalinspiegels verbunden. Die Aufregung und Nervosität vor Beginn ist einer Vielzahl von Stresshormonen geschuldet. Stresshormone können sich negativ auf die Muttermilch auswirken. Inzwischen vertreten viele Hebammen die Ansicht, dass Koliken be Neugeborenen eher auf den Stresslevel der Mutter, als auf falsche Ernährung derselben zurückzuführen sind.
Was sagt die Wissenschaft?
Leider gibt es keine wissenschaftlichen Studien dazu, wie genau sich Tätowieren auf die stillende Mutter und den Säugling auswirkt. Vielleicht ist es auch gut, denn ich möchte mir nicht vorstellen, dass Wissenschaftler Tattoo-Experimente mit stillenden Müttern durchführen und eventuell das Baby gefährden.
Die Wissenschaft interessiert sich generell nicht sonderlich für das Thema Tattoos und die Auswirkungen auf den menschlichen Körper, weswegen die meisten Aussagen dazu im Internet und auch in diesem Artikel eher Mutmaßungen, als nachweisbare Fakten abbilden.
Darum lehnen wir das Tätowieren in der Stillzeit ab
Wir als Tätowierer*innen wollen kein Risiko eingehen und noch weniger dich oder deinem Baby einem Risiko aussetzen.
Wir lehnen Tattoos in der Stillzeit ab, weil nicht sicher ist, welche Vorgänge im Körper der Mutter und ihres Babys durch das Tätowieren ausgelöst werden.
Sicher ist, dass Stress nie eine gute Zutat ist, ganz gleich, was man vorhat. Wir möchten nicht, dass dein Baby Stresshormone aufnimmt. Ebenso möchten wir keinen Stress bei der Arbeit erleben, weil dein Baby vor Hunger schreit und wir die Sitzungen dafür unterbrechen müssen.
Während des Stillens hat dein Körper wahrscheinlich noch nicht wieder seine ursprüngliche Form. Die Brüste sind größer und vielleicht hast du während der Schwangerschaft an Gewicht zugelegt. Viele Mütter nehmen während der Stillzeit einige Kilos in kurzer Zeit ab. Es macht somit mehr Sinn, das Tattoo, seine Position und seine Größe festzulegen, wenn dein Körper aus der Phase der besonderen Belastung raus ist.
Auch lehnen wir dein Tattoo in der Stillzeit ab, da wir wissen, dass sie nicht ewig dauert. Du hast genug Zeit, um dich Tätowieren zu lassen. Wenn du dein Tattoo immer noch haben möchtest, wenn du abgestillt hast, umso besser! Jetzt kannst du dir sicher sein, dass dein Wunsch nachhaltig ist und die neue Tätowierung dich lange glücklich machen wird!
Hast du noch mehr Fragen oder Anregungen zu diesem Artikel? Lass gerne einen Kommentar hier. Wenn du eine stillende Mama bist und das Abstillen in greifbarer Nähe liegt, kannst du jetzt schon einen Termin bei uns vereinbaren, denn Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude (;
7 Kommentare
Kommentieren →Hi. Das ist wirklich Unsinn. Es gibt bereits Studien, die klar zeigen, dass bei ordnungsgemäßer Wundversorgung kein höheres Risiko besteht. Und mal logisch gedacht. Ich schürfe mir bei einem Sturz mein Bein großflächig auf. Gegen Tetanus bin ich geimpft. Ein Arzt kann da nich viel machen. Dann darf ich eurer Logik nach nicht stillen? Bitte bildet euch fort. Gern schicke ich euch auch einen Link zur Studie.
Hey Phine, wir denken, dass man im Sinne des Säuglings, der nicht mitentscheiden kann, kein unnötiges Risiko eingehen sollte. Eine Tätowierung kann im Gegensatz zu einer zufälligen Schürfwunde durch einen Unfall auch warten und aufgeschoben werden. Du kannst für interessierte Leserinnen und Leser gern die Studie als Kommentar schicken. Wir werden jedoch weiterhin keine stillenden Mütter tätowieren.
Liebe Grüße
Esther
Hallo, grundsätzlich bin ich da ganz eurer Meinung, zumindest was kleine Babys angebt, die sich noch vollständig oder größtenteils von der Muttermilch ernähren. Aber Stillzeit umfass ja noch viel mehr: Was ist denn wenn der „Säugling“ mittlerweile ein Kind jenseits des zweiten Geburtstages ist, das in den Kindergarten geht und zb. nur nach der Kita einmal kurz beim Kuscheln stillt.
Oder das Dreijährige Kind, was vielleicht zum Einschlafen noch einmal Abends Mamas Brust braucht?
Das ist ja nicht mehr mit der körperlich belastenden Stillzeit am Anfang wenn das Baby wenige Wochen alt ist, vergleichbar und mit Ernährung eines Babys hat das auch nichts mehr zu tun. Streng genommen gehört das aber natürlich noch zur Stillzeit….
Würde mich mal interessieren wie da eure Meinung aussieht!?
Lg
Hallo liebe Juliane, das ist eine sehr gute Frage. Da wir leider auch keine Experten in Sachen Kinder-Gesundheit sind und weil es leider auch keine wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Thema gibt, würden wir lieber auf Nummer sicher gehen und bis zum Abstillen warten. Ein Tattoo ist ja nicht lebensnotwendig und kann auch aufgeschoben werden. Vielleicht ist das Thema mit dem Genuss von Alkohol zu vergleichen, die einen finden es völlig ok, weil die Zeitfenster sich im Vergleich zum Anfang geändert haben (zwischen trinken und stillen) und andere gehen lieber auf Nummer sicher und warten, bis sie abgestillt haben.
Liebe Grüße
Esther
Hallo liebe Esther,
ich bin vor einer Weile auf euren Artikel gestoßen, als es bei mir genau um das Thema ging. Ich hab letztendlich bis nach dem Abstillen gewartet, das hat auch gut gepasst, da ich eine längere Anfahrt zum Studio hatte und ganz froh war, meine Kinder für den Trip bei meinem Mann daheim lassen zu können 😉
Mir ist es aber wichtig, ein paar Aussagen aus dem Artikel zu kommentieren, weil das einfach Dinge sind, die einem ohne eigene Kinder nicht so klar sind. Mir war es das zumindest nicht und Darstellungen, wie die im Artikel, haben mich vorab ziemlich gestresst, daher:
* auch abgepumpte Milch/Flaschenmilch kann nach Bedarf gegeben werden – nach Bedarf/bedürfnisorientiert heißt letztlich nur, dass man sich am Hungergefühl des Babys und nicht, wie früher, an der Uhr orientiert
* Stillen nach Bedarf ist planbar – platt gesagt ist es bei Babys wie bei uns Erwachsenen auch: wenn wir uns satt gegessen haben, sind wir normalerweise auch erstmal eine Weile lang satt. Natürlich gibt es Ausnahmen (Neugeborene, Clustern bei Wachstums- oder Entwicklungssprung, Ablenkungen, heißes Wetter, mehr Bewegung, Zahnen, Krankheit, etc. – das klingt gerade schlimmer als es in der Praxis ist), aber in aller Regel kann man um den Rhythmus des Babys gut herumplanen.
* Auch vollgestillte Babys können bei einer anderen Bezugsperson bleiben – ich habe meine Babys beispielsweise nie zum Rückbildungskurs oder in die Boulderhalle mitgenommen, es ist halt Planungssache. Was ich hier sagen möchte: Ein Tattootermin steht ja in der Regel mindestens ein paar Wochen vorher fest – mit so viel Vorlauf ließe sich eine Betreuung organisieren, sodass das Baby gar nicht mit ins Studio müsste. Vor dem Hintergrund, dass so ein Baby auch mal gewickelt oder in den Schlaf geschuckelt werden möchte, wäre es in meinen Augen auch gar nicht sinnvoll ein Baby mit zu einem Tattootermin zu nehmen, von anderen Punkten im Artikel, die man als Nicht-Tättoowierer nicht auf dem Schirm hat mal ganz abgesehen.
* Babys schreien in der Regel nicht direkt los, wenn sie Hunger haben, sondern zeigen das erstmal subtiler an. Das gibt einem je nach Temperatment schon genug Zeit eine Stillpause vorzubereiten.
* Auch zufriedene Babys lenken bei der Arbeit ab. Also mich zumindest 😉
Nichtsdestotrotz, ich bin sehr froh, dass ihr offen und transparent mit dem Thema umgeht und eure Entscheidung begründet. Was ich geschrieben habe ändert auch nichts daran, dass Babys, auch in meinen Augen, im Studio als Begleitung nichts zu suchen haben.
Liebe Grüße und weiterhin viel Erfolg,
Katja
Hallo liebe Katja, vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und die Einblicke, Ergänzungen und Hinweise rund um das Thema Stillen, die mir tatsächlich nicht geläufig waren. Danke für deine Zeit und das Teilen deiner Erfahrungen! 🙂
Esther
Gerne 🙂