Gestern brach ein erneuter Sturm der Panik in Sachen DSGVO im Internet aus.
Der europäische Gerichtshof hat ein Urteil gefällt, in dem es heißt, dass Betreiber einer Facebookseite haftbar gemacht werden können, wenn Facebook die Daten der Kunden dieser Seite entgegen der Richtlinien der DSGVO missbraucht. Das betrifft auch uns Tätowierer.
Wenn du keine Facebookseite hättest, würde Facebook auch keine Daten sammeln
Über Facebook und Instagram habe ich bereits von vielen Menschen erfahren, die ihre Seite sicherheitshalber offline nehmen. Warum? Jeder Betreiber einer Facebookseite ist nach diesem Urteil des EuGH abmahnfähig, weil er oder sie Daten nicht ausreichend schützt im Sinne der DSGVO. Wer auf Facebook eine Seite betreibt, trägt eine Mitverantwortung für die Verarbeitung personenbezogener Daten. Frei nach dem Grundsatz: Wenn du deine Seite nicht gegründet hättest, würde Facebook die Daten deiner Kunden auch nicht erheben, sammeln, speichern, analysieren u.s.w.
Ein Auftragsverarbeitungsvertrag, wie ihr ihn hoffentlich mit anderen Onlinediensten bereits abgeschlossen habt, reicht für die Facebookseite nicht aus.
Ein Auftragsverarbeitungsvertrag ist ein Vertrag, der regelt, wie Onlinedienste, die ihr in Anspruch nehmt, mit den Daten eurer Kunden umgehen. In den meisten Fällen sind sie mit wenigen Klicks abschließbar auf den betreffenden Seiten z.B. Google Analytics oder eurem Hoster der Website.
Die Datenschutzbehörden oder andere Konkurrenzunternehmen haben es jetzt natürlich leichter, euch einen dicken Stein in den Weg zu legen. Statt eine Klage gegen einen US-Riesen, wie Facebook einzulegen, reicht es jetzt, das Nachbartattoostudio für seine Facebookseite abzumahnen.
Wichtig zu wissen ist, dass dieses Urteil auch Privatpersonen betrifft, nicht nur Unternehmen. Obwohl die Gefahr einer Abmahnung hier natürlich deutlich geringer ist.
Wie viel ist dir deine Facebookseite wert?
Als Betreiber einer gewerblichen oder umsatzorientierten Facebookseite solltet ihr laut allfacebook.de eine Risikoabwägung vornehmen. Im Falle einer Abmahnung liegt das zu zahlende Bußgeld bei c.a. 5000 Euro. Wenn du ein Tätowierer bist, der seine Termine ausschließlich über Facebook plant und alle Kunden über die Seite informiert und organisiert, dann fällt die Entscheidung leicht. Dich würde es deutlich teuer treffen, wenn du allen deinen Kunden die bisherige Kommunikationsplattform und damit den Weg in dein Tattoostudio nimmst.
An dieser Stelle möchte ich nochmal allfacebook.de zitieren: „Die Entscheidung ist rechtlich aus der Sicht des Datenschutzes nachvollziehbar. Aus der Sicht von Privatpersonen oder Unternehmen, die Facebook vor allem wirtschaftlich nutzen, ist sie katastrophal. Denn der Kampf um den Schutz der personenbezogenen Daten zwischen Facebook und der EU wird damit auf ihrem Rücken ausgetragen.“
Ich habe keine Ahnung, andere auch nicht…
Ich kann euch nicht sagen, ob es sinnvoller ist, die Facebookseite online zu lassen oder runter zu nehmen. Dieses mal werde ich mir auch ein teures Beratungsgespräch beim Anwalt ersparen. Natürlich wissen die Anwälte zu dieser Fragestellung auch noch nicht mehr als wir. Es müssen erst Urteile gesprochen werden und irgend welche armen Schweine als Präzedenzfälle her halten, bevor wir wissen, wie wir uns in Zukunft im Internet korrekt verhalten.
Offtopic Papierverschwendung
Das ganze Thema macht mich inzwischen unfassbar wütend. Erst vorgestern habe ich im Radio gehört, dass die Deutschen im Jahr 2017 so viele Tonnen an Papier eingespart haben. Ich bin auf die Statistik für 2018 gespannt, wenn ich bedenke, dass allein meine Kunden nun drei statt einem Papier unterschreiben. Auch in der KFZ Werkstatt und beim Tierarzt, sowie beim Zahnarzt wurde ein zusätzliches DINA4 Papier nötig, damit ich in die notwendige Speicherung meiner Daten einwillige. Diese Speicherung erfolgt in meinem Interesse! Natürlich muss der Tierarzt die Daten meines Hundes speichern, wenn ich eine adäquate Behandlung wünsche. Für mich bräuchte es kein separates Blatt Papier….
Datenschutz um jeden Preis
Wer jetzt, nachdem das Chaos jetzt richtig ausbricht immer noch behauptet, die DSGVO wäre an sich eine notwendige und gute Sache zum Schutz der Verbraucherdaten, den kann ich nicht verstehen. Meiner Meinung nach führt das alles nur dazu, dass der normale Verbraucher verwirrt wird und sich noch weniger mit dem Thema Datenschutz identifizieren oder auseinander setzen kann. Durch die Masse an Häkchen und Einwilligungen, die wir verteilen müssen, steigt in meiner Ansicht eher die Bereitschaft zum Häkchen setzen und eine ablehnte Haltung stellt sich ein. Der normale Verbraucher liest sich keine mehrseitige Datenschutzerklärung durch, er setzt noch leichtfertiger ein Häkchen und möchte von dem Thema einfach nur noch in Ruhe gelassen werden…
Großen Konzernen ist das alles sowieso egal, diese werden sich auch weiterhin mit Hilfe ihrer millionenschweren Spitzenanwälte aus sämtlichen Rechtsstreitigkeiten raus klagen. Wir, die kleinen Unternehmer, die Vereine und kleine oder gemeinnützige Organisationen sind die Verlierer in der ganzen Geschichte.
Verlasst euch nicht auf Facebook!
Wie ich in einem älteren Artikel schon mal gepredigt habe: verlasst euch als Selbstständige nicht blind auf Facebook und Instagram! Nehmt ein bisschen Zeit und Geld in die Hand und baut euch eine eigene Homepage oder lasst sie bauen. Eine eigene Homepage das ist das digitale Zuhause eures Unternehmens und je eher ihr eine habt, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie bei Google weit oben auf den ersten Seiten auftaucht. Die Dringlichkeit dieses Ratschlags zeigte sich zuerst im neuen Algorithmus, der Seitenbetreiber und Betreiber eines Business-Accounts auf Instagram schlechter bis gar nicht mehr ausgespielt hat. Jetzt, im Zeitalter des Datenschutzes, wo die ersten schon das sinkende (Facebook-)Schiff verlassen und auch private Nutzer ihre Konten löschen, wird es umso präsenter.
Wie immer gilt: wenn ihr noch Fragen zu dem Thema habt, schreibt mir eine Email oder hinterlasst einen Kommentar. Aber vergesst nicht, einen Haken bei dem Datenschutzkästchen zu setzen…