Handtätowierungen sind ein heikles Thema, das wir diskutieren müssen!
Obwohl sichtbare Tätowierungen in den letzten Jahren immer gesellschaftsfähiger geworden sind, sind Handtätowierungen, die man im Alltag praktisch nie mit Kleidung bedeckt, für viele Menschen immer noch ein No-Go. Selbst unter eingefleischten Tattooliebhabern gibt es eine Gruppe, für die diese Körperstelle niemals in die engere Auswahl für das nächste Tattoo kommen wird.
Auch unter Tattookunden scheiden sich die Geister
Die Gründe hierfür sind unterschiedlich und oft nachvollziehbar.
Für die meisten ist sicher der Job, den man entweder hat oder in Zukunft haben möchte, ausschlaggebend. Hat man im Arbeitsalltag Kundenkontakt, dulden nicht alle Arbeitgeber permanenten Körperschmuck in Form von Handtätowierungen. Hier gilt für viele: der Job ist wichtiger, als die persönlichen Schönheitsideale.
Warum sind Handtätowierungen heikel?
Tätowierungen an der Hand sind in 99% der Fälle schwierig zu tätowieren und noch schwieriger in der Abheilung.
Unsere Hände haben im Vergleich zu anderen Körperstellen, wie beispielsweise unsere Arme und Beine ungefähr doppelt so viele Hornhautschichten, die sich regelmäßig und häufig erneuern.
Dabei wird immer etwas Farbe abgetragen, was zu einem raschen Verblassen der Tätowierung führt.
Die Handinnenseite verfügt außerdem über eine Hautschicht, die ansonsten nur an den Fußsohlen zu finden ist, die sogenannte Leistenhaut. Diese ist besonders robust und strapazierfähig, um uns viele Jahrzehnte gute Dienste auf allen Wegen und bei allen Arbeiten leisten zu können.
Jedoch wehrt sie sich auch erfolgreich gegen eingebrachte Farbpigmente. Nicht selten müssen Tätowierungen an der Innenhand mehrmals nachgestochen werden, um endgültig zu halten.
Ist der Tätowierer hier ungeduldig oder wenig feinfühlig und sticht zu tief, kommt es zu unschönen Blow-Outs. Die Farbe läuft aus den Linien und das Motiv verschwimmt.
Aus diesen Gründen sind Tätowierungen an den Händen häufig teurer, da der Tätowierer ein häufiges Nacharbeiten einkalkulieren muss.
Die meisten Tätowierer geben außerdem keine Garantie auf ein rundum zufriedenstellend Ergebnis. Das ist wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, dass wir nach dem Stechen keinen Einfluss auf eine reibungslose Abheilung nehmen können. Der Kunde kann die Haut an der Hand nicht so schonen, wie die Tätowierung es in den ersten Wochen benötigen würde. In diesem Zusammenhang erhöht sich natürlich auch das Entzündungsrisiko, da die frische Wunde mit allen erdenklichen Alltagsgegenständen in Berührung kommt.
Nachteile und Besonderheiten von Handtätowierungen
Wer eine Tätowierung auf der Hand trägt, weiß, dass sie niemals so satt schwarz oder bunt bleiben, wie solche an anderen Körperstellen. Bedenkt, dass die Hand permanent UV-Strahlen ausgesetzt ist und UV frisst immer Farbe.
Ich empfehle einen permanenten Sonnenschutz auf Handtätowierungen aufzutragen. Der Hersteller Balmtattoo bietet beispielsweise eine Creme zur Abheilung mit sehr hohem Lichtschutzfaktor an. Nach der Abheilung kann man die Creme als Sonnenschutz weiter verwenden.
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Aber wen diese Umstände nicht abschrecken und wen es auch nicht stört, dass Handtätowierungen immer einen gewissen „Grunge-Look“ verkörpern, eben weil sie nach kurzer Zeit schon sehr alt aussehen können, der soll diese besonderen Tätowierungen mit Stolz tragen.
Bedenken muss man jedoch, dass aufgrund der zu Beginn erwähnten Faktoren sehr filigrane und differenzierte Motive nicht möglich sind, da feine Abstufungen in den Schattierungen und feine Linien nicht halten.
Sind Handtätowierungen ein neuer Trend?
Vor noch nicht allzu langer Zeit haben Tätowierer sich geweigert, einem Kunden die Hände, den Hals oder das Gesicht zu tätowieren, wenn noch nicht alle anderen Körperstellen bedeckt waren.
Damals galt es als Auszeichnung, für viele auch als ein hoch gestecktes Ziel, eines Tages diese letzten freien Stellen schmücken zu dürfen. Handtätowierungen wurden mit besonderem Stolz getragen, zeigten sie doch nach außen, dass der Träger in Sachen Tätowierungen schon außergewöhnlich viel Erfahrung und dementsprechend viele Bilder gesammelt hat.
Anders verhielt es sich in den prekären gesellschaftlichen Milieus. Tätowierungen aus dem Underground, aus dem Gefängnis oder kriminellen und illegalen Verbindungen finden vorrangig ihren Platz auf sichtbaren Körperstellen. Dies hat den Grund, dass es sich häufig um Zugehörigkeitssymbole zu bestimmten Vereinigungen handelt, die stets sichtbar sein müssen. Auch politische oder weltanschauliche Statements sind an einer nicht sichtbaren Stelle deplatziert für Menschen, die ihre antisoziale Haltung präsentieren möchten.
Somit sind Handtätowierungen nicht als neues Phänomen zu verstehen, wohl aber wird deutlich, warum ihnen heute noch der Ruf des Zwielichtigen anhaftet.
Heute stechen zwei Trends besonders hervor: grobe Oldschool-Tätowierungen mit oder ohne Farbe auf dem Handrücken oder der Handinnenfläche so groß wie möglich gestochen, mit dicken haltbaren Außenlinien und die kleinen „Schmucktätowierungen“, die meist die Finger und die Innenseite der Finger zieren. Diese bestehen meist aus feinen Linien und bilden schlichte Symbole ab. Besonders beliebt sind hier Herzen, Schleifen, Krönchen, Unendlichkeitsschlaufen und Namen.
Letztere treiben den meisten Tätowieren die Schweißperlen auf die Stirn, da sie schwierig einzuarbeiten sind und die geringe Haltbarkeit die meisten Kunden nach der Abheilung nicht begeistert.
Der „Fingerring“
Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle die Tätowierungen, die einen Fingerring darstellen sollen. Hierbei schlängelt sich die Tätowierung wie ein Ring einmal um den Finger der Wahl. Mittlerweile nehme ich mir ein Beispiel an vielen anderen Kollegen und lehne diese Form der Tätowierung ab. Die Erfahrung zeigt, dass das filigrane Motiv an der Innenseite einfach nicht hält und auch nach mehrfachem Nachstechen wieder verschwindet oder nur ein graues Gematsche hinterlässt.
Interessierten Kunden rate ich dazu, ihr Wunschmotiv zum Beispiel in Form eines Diamanten oder eines anderen Symbols vorne auf den Finger stechen zu lassen und auf den Ring zu verzichten.
Handtätowierungen stechen – meine Meinung dazu
In den letzten Wochen habe ich einige Handtätowierungen gestochen und neue Anfragen für ein solches Tattoo bekommen.
Lange habe ich mit solchen Tätowierungen und den Anfragen dazu gehadert. Wer mich kennt, weiß, dass ich selbst keine Tätowierung auf den Händen trage. Das hat den Grund, dass meine Hände mein liebstes Körperteil an meinem Körper sind. Ich habe an ihnen nichts auszusetzen, ich finde sie wunderschön und habe höchsten Respekt vor ihnen und genau so große Angst davor, dass sie versehrt werden könnten. So sehr ich Tätowierungen liebe, ich befürchte, dass eine Tätowierung meine Hände nicht schöner machen kann. Es klingt vielleicht banal, aber ich nehme meine Hände im Alltag so bewusst war und sie leiden so sehr unter der Arbeit des Tätowierers, welche von Mengen an Desinfektionsmitteln und viel Zeit in Handschuhen bestimmt ist. Ich möchte sie nicht verletzen.
Kunden, sie sich eine Handtätowierung von mir wünschen, kläre ich erst mal über alles auf, was ihr in diesem Artikel jetzt schon gelesen habt. Ich frage nach dem erlernten Beruf und dem derzeit ausgeübten Beruf. Als allererste Tätowierung kommt eine Handtätowierung in meinem Studio nicht vor! Ich halte mich zwar nicht an die alte Regel, dass erst alle anderen Körperstellen bedeckt sein müssen, aber ich lege Wert darauf, dass der Kunde schon Erfahrungen mit sichtbaren Tätowierungen gemacht hat. Außerdem ist es mir wichtig, dass der Kunde nicht zu jung ist, bereits ins Berufsleben integriert ist, eine abgeschlossene Ausbildung hat und auf keinen Fall mehr Schüler ist oder sich in einer anderen instabilen Orientierungsphase befindet.
Ich mache das NICHT, um Menschen zu erziehen oder mich als Mutter aufzuspielen, ich mache das ausschließlich für mein eigenes Gewissen.
Ich möchte nicht diejenige sein, die einem jungen Menschen die Chancen im Bewerbungsgespräch ruiniert hat. Der uneinsichtige Kunde findet sowieso einen anderen Tätowierer, der ihm die Hand tätowiert. Ich hingegen laufe noch Wochen mit dem Gedanken herum, ob ich den Kunden nicht besser abgelehnt hätte.
Gesellschaftliche Akzeptanz mit Handtätowierungen
Wir alle sehen im Alltag immer mehr Tätowierungen – auch auf den Händen. Dieser Trend wird noch zunehmen. Aber er ist noch nicht in allen Bereichen unserer Gesellschaft angelangt. Für Friseurinnen sind Handtätowierungen meistens unproblematisch, ebenso für Menschen in bestimmten Branchen des Einzelhandels, häufig in sozialen Dienstleistungsbranchen, für Selbstständige und Kreative. Wenn mir jedoch ein Kunde sagt, er oder sie sei noch mitten im Lehramtsstudium, dann behalte ich mir vor, den Auftrag abzulehnen.
Habt ihr Erfahrungen mit Handtätowierungen gemacht? Stecht ihr sie gern oder an die Kunden: wünscht ihr euch eine Handtätowierung oder habt ihr positive Erfahrungen mit sichtbaren Tätowierungen gemacht?
Schreibt es gern in die Kommentare!
8 Kommentare
Kommentieren →Schwieriges Thema! Ich persönlich finde es bei anderen schön, könnte es mir aber nie für mich selbst vorstellen. Ich arbeite in der Bankenbranche, bilde Azubis aus, führe Bewerbungsgespräche. Dabei wäre ein solches Tattoo leider fehl am Platz. Hat man hingegen einen Job zu dem es passt und ist man ein Typ dafür, spricht nichts dagegen 🙂
Liebe Nici,
du siehst das Thema also ähnlich wie ich! Eines Tages wird es bestimmt tätowierte Bänker geben, aber ich denke, das ist noch ein langer Weg…
Hallo, meine beiden Arme sind tätowiert. Jetzt habe ich mir auf der rechten Halsseite und dem rechten Handrücken ein Tattoo stechen lassen. Es sieht mega aus. Manchmal sehen mich die Leute verwirrt an und manchmal auch bewundert. Ich kann es mir erlauben weil ich Rentner bin.
Ich trage auf der Ringfingerinnenseite einen klassischen Anker/Kreuz/Herz Tattoo. Meine Tattowiererin hat mich vorgewarnt, dass sie evt nachstechen muss oder es nicht so perfekt wird wie meine anderen Tattoowierungen. Aber nichts desto trotz, es ist duper geworfen. Nichts ausgelaufen, auch nach einem Jahr noch satt in der Farbe. Obwohl meine Hände auch dauernd mit Infektionsmittel etc in Berührung kommen.
Liebe Janine,
danke für deinen Erfahrungsbericht! Deine Tätowiererin hat offensichtlich alles richtig gemacht und mit einer guten Portion Glück hast du eine tolle Tätowierung bekommen!
[…] Bereich habe ich mit Hautbildern gegeizt. Weder mein Hals, noch mein Dekolleté oder meine Hände weisen Tätowierungen auf. Die 18 Tätowierungen, die ich trage sind, bis auf die an meinen Armen, […]
ich habe auf der handrücken seite eine rose. bis jetzt ist alles top 🙂
und wenn es halt mal nachlassenw ürde der farbe wirds nachgestochen.
zu dem entschluss mit der hand kam ich erst nach dem zahlreiche tattoos an beiden armen hatte
Weiß gar nicht wie alt das hier ist, aber würde dennoch gern kommentieren. Bei mir fing alles an in der Phase Menschen sind doof etc klingt seltsam ist aber so. Da habe ich mich entschlossen meinen Mittelfinger tätowieren zu lassen, gesagt, getan, ich wollte mehr mit meinem Chef gesprochen (bin seit Jahren in der selben Branche) er hat seinen Segen gegeben, gesagt getan jetzt ist der ganze Handrücken tattoowiert und ich werde weiter den Arm lang hoch gehen. Natürlich muss ich sagen hab ich noch andere tattoos am Körper ♀️Chef ist kulant und ich liebe mein Tattoo jeden Tag aufs Neue ️