Ich gebe es zu: ich liebe es, Instastories von anderen Tätowierern zu schauen. Man sieht tolle Arbeiten, wie die Kollegen arbeiten und erfährt einen kleinen Blick hinter die Kulissen -Betriebsspionage sozusagen. Was mich dabei jedoch immer am meisten interessiert ist, wie Tätowierer ihre Terminplanung handhaben. Mit Tätowierern Termine zu machen, läuft in fast jeden Studio ein bisschen anders ab, aber die meisten haben mit den gleichen Problemen zu kämpfen.
Viele kündigen in ihren Instastories oder im Feed, auf der Facebookseite oder auf der Homepage an, wann sie wieder Termine vergeben oder wie man sich um einen Termin „bewerben“ kann.
Viele von uns befinden sich in der glücklichen Lage, sehr volle Terminbücher zu haben und teilweise auch selektieren zu können, worauf die Lust haben und worauf nicht.
Wie weit ein Tätowierer im Voraus ausgebucht ist, hängt nicht immer davon ab, wie beliebt oder gut er ist, es ist auch davon abhängig, welche Art der Terminvergabe er für sich gewählt hat.
Die gängigsten zähle ich euch mal auf:
Terminvergabe alle x Monate
Geht man nach meinen Eindrücken von Instagram, ist die momentan beliebteste Art der Terminvereinbarung folgende: der Tätowierer legt einen Tag fest, an dem er die Bücher öffnet und Termine schreibt. Dieser Tag findet dann in regelmäßigen Abständen statt. Die meisten bevorzugen einen Rhythmus von 3-6 Monaten. Dann können alle interessierten Kunden entweder eine Email schreiben oder zu einem festen Termin-Vereinbarungs-Tag in das Tattoostudio kommen. Sind die geplanten Monate voll, werden die Bücher wieder geschlossen und für alle Kunden, die leer ausgegangen sind, heißt es wieder warten. Häufig erkennt ihr diese Art der Terminvereinbarung daran, dass Tätowierer in ihren Profilen auf Social Media den Hinweis „Books open“ oder „Books closed“ stehen haben. Sind die „Books open“ ist eine Terminvereinbarung derzeit möglich. „Books closed“ heißt, dass der Tätowierer momentan ausgelastet ist und keine neuen Termine vereinbart.
Dieses System hat folgende Vorteile: der Tätowierer hat Planungssicherheit für Arbeit und Privatleben. Einladungen für z.B. Hochzeiten oder andere wichtige Termine, die meist Monate im Voraus kommen, kann er war nehmen, da er sich nicht hemmungslos selbst ausgebucht hat. Auch im Falle einer längeren Erkrankung, kann er eine überschaubare Anzahl an Kunden umbuchen.
Der Kunde hat hierbei den Vorteil, dass er nicht all zu lange auf einen Termin warten muss, denn der späteste Termin liegt vor dem Tag der neuen Terminvergabe.
Nachteile sind natürlich, dass es passieren kann, dass ein Kunde immer wieder leer ausgeht, weil er bei der begrenzten Anzahl an Terminen kein Glück hatte. Dann muss er wieder x Monate warten und ist auch dann nicht sicher, einen Zuschlag zu bekommen.
Für den Tätowierer bedeutet es ein Risiko, wenn ein Neukunde sich für einen Termin interessiert, er aber für die kommenden 2-3 Monate gar keine Termine vereinbart und der Kunde eventuell in ein anderes Studio geht.
Termine werden fortlaufend das ganze Jahr vergeben
Viele Tätowierer bevorzugen immer noch die gängigste Methode der Terminplanung: jeder Kunde, der einen Termin vereinbaren möchte, kommt im Tattoostudio vorbei und bespricht direkt vor Ort seine Tätowierung mit dem Tätowierer. Ein Termin ist schnell gefunden, die Anzahlung wird bar hinterlegt und schon steht der Termin.
Der Vorteil liegt klar auf der Hand; jeder Kunde kann jederzeit einen Termin vereinbaren, Anzahlung und Besprechung wird im gleichen Zug geklärt und der Tätowierer kann seinem Termin auch ein bekanntes Gesicht zuordnen.
Tätowierer, die so ihre Termine vergeben, sind häufig auf sehr lange Sicht ausgebucht. Wenn es keinen Terminstopp gibt, füllt sich der Kalender schnell und Kunden warten oft auch über ein Jahr bis sie ihren Termin wahrnehmen können.
Außerdem fühlen sich viele Kunden gestört, wenn sie tätowiert werden und ihr Tätowierer jede halbe Stunde die Sitzung unterbricht, um mit einem Laufkunden „mal eben“ eine Terminbesprechung zu machen.
Auch interessierte Kunden, die eine lange Anreise haben, scheuen diese Art der Terminvereinbarung, weil sie häufig nicht in der Lage sind, zwei mal anzureisen – zur Terminfindung und für ihre Tätowierung.
Termine werden per Telefon vereinbart
Macht ihr mit eurem Tattoostudio einen Termin am Telefon aus, habt ihr diesen auf dem schnellsten Weg vereinbart.
In vielen Fällen sprecht ihr jedoch nicht mit dem Tätowierer persönlich, sondern mit einem Angestellten, der für den organisatorischen Kram im Studio zuständig ist.
Dieser Weg ist ratsam und praktisch, wenn ihr euren Tätowierer kennt und sicher sein könnt, dass er weiß, was ihr haben möchtet und was euch gefällt. Und, dass er am genannten Tag auch vor Ort ist. Nicht selten höre ich Geschichten von Kunden, die erzählen, dass sie einen Tattootermin hatten und ihr Tattoostudio geschlossen hatte. Ein Telefongespräch wird selten irgendwo aufgezeichnet und nachgehalten. Notizzettel mit Gesprächsnotizen gehen rasch verloren und im Telefongespräch werden viele Informationen ausgetauscht, die man im übernächsten Gespräch schon wieder vergessen hat.
Termine werden über Messenger der sozialen Netzwerke vergeben
Das ist für jeden äußerst praktisch. Facebook und Instagram kann man jederzeit und überall abrufen. Auf den nicht privatisierten Profilen kann der Tätowierer schon mal stalken, mit welchem Typ Mensch er es zu tun hat und was der Kunde mag. Außerdem hat man alles schriftlich und das Versenden von Beispielbildern und Vorlagen geht schnell und einfach.
Wenn ihr mit eurem Tätowierer über Facebook oder Instagram schreibt, ändert ihr am besten nicht zwischendurch euren Namen, mit dem ihr angemeldet seid, sonst kann euer Tätowierer eure Nachrichten nur schwer wieder finden.
Nachteilhaft finde ich hierbei, dass die persönliche Nähe und die ständige Erreichbarkeit viele Kunden dazu verleiten, den Tätowierer auch Sonn- und Feiertags anzuschreiben und manche sogar beleidigt reagieren, wenn der Tätowierer die Nachrichten liest, jedoch nicht beantwortet, weil er frei hat.
Termine werden nur per Mail vergeben
Eine ganze Zeit lang habe auch ich nur Termine per Mail vereinbart. Der Kunde schreibt seinen Wunsch, hängt im besten Fall noch einige Beispielbilder an und ich schaue, wo ich den Wunsch in meinem Kalender unterbringen kann. Eine Email zu schreiben bedeutet auch einen etwas höheren Aufwand, als eine Nachricht in sozialen Netzwerken. Ich bekomme per Mail mehr „ernst gemeinte“ Anfragen, die nicht eine bloße Preisabfrage darstellen oder eine Nachfrage wie weit man denn ausgebucht ist.
Diese Art der Tattooplanung per Mail ist äußerst praktisch, da man als Tätowierer alles schriftlich in Ordnern speichern und später nachlesen kann, was für den Kunden wichtig ist. Außerdem sind beide Parteien flexibel und nicht von Ladenöffnungszeiten abhängig.
Der organisatorische Aufwand hingegen ist höher, als man meinen mag. Die Anzahlung muss per Überweisung geregelt werden, das bedeutet mehr bürokratischen Aufwand und Chaos für die Steuer.
Außerdem ist der Tätowierer darauf angewiesen, dass der Kunde sich schriftlich gut ausdrücken kann und erklären kann, was er sich vorstellt. An diesem Punkt scheitert dieses System häufig und ein zusätzliches Beratungsgespräch muss vereinbart werden. Ich kann die Emails nicht mehr zählen, in denen einfach nur stand: „Was kostet ein Tattoo am Unterarm?“
Auch endet ein Gespräch per Mail oftmals nie und läuft auf ein ewiges Email-Ping-Pong hinaus.
Wann hast du Zeit?
Eigentlich immer!
Möchtest du am 02.06. um 12 Uhr kommen?
Nein, da kann ich nicht.
Kannst du am gleichen Tag zwei Wochen später?
Ja, aber kann ich dann meine Kinder mitbringen?
Nein, das geht leider nicht.
Ok, dann muss ich erst eine Betreuung finden, ich melde mich nochmal…
Das sind schon mindestens 5 Emails für jeden, bis der Termin und das Tattoo geklärt werden kann – Ihr versteht, was ich meine…
Viele Tätowierer sammeln ihre Mails über einen längeren Zeitraum und kündigen an, wann diese beantwortet werden.
Im Arbeitsalltag schafft man es häufig nicht jeden Tag in sein Postfach zu schauen und sich mit Bürokram zu beschäftigen. Problematisch wird es dann, wenn Kunden sich in der Zwischenzeit anderweitig orientiert haben und auf die verspätete Antwort des Tätowiere nicht mehr eingehen. Ein kurzes „Danke, meine Anfrage hat sich in der Zwischenzeit erledigt.“ ist für jeden Tätowierer hilfreich.
Außerdem ist jeder Tätowierer dankbar dafür, wenn ihr nicht gleich eine ganze Flut an Emails sendet. Solltet ihr keine Antwort erhalten, kann es daran liegen, dass der Tätowierer im Moment keine Zeit für die Emailbeantwortung findet. Es ist nicht hilfreich, wenn man im Anschluss an zwei arbeitsintensive Wochen sein Emailpostfach öffnet, es sind 80 Mails eingegangen und 20 davon haben den Inhalt
„Hallo?“
„Ist meine erste Mail angekommen?“
„Bist du sauer auf mich?“
„Möchtest du mich nicht tätowieren?“
u.s.w.
Solltet ihr den Eindruck haben, dass eure Email nicht angekommen ist, dann schreibt doch einfach über einen Messenger der sozialen Netzwerke und fragt höflich nach, ruft im Tattoostudio an oder geht mal persönlich vorbei.
In den letzten Wochen habe ich einige Veröffentlichungen von Tätowieren auf Instagram gesehen, die schreiben, dass sie nur noch auf vollständige Emails antworten, um ihren Arbeitsaufwand zu reduzieren. Vollständig heißt, dass alle notwendigen Informationen in der ersten Email enthalten sein sollen. Dafür habe ich euch am Ende dieses Artikels einen Leitfaden zusammen gestellt.
Es klingt für den einen oder anderen vielleicht lustig, aber auch ich bekomme nicht selten Emails, in denen einfach nur steht:
„Hallo, ich möchte ein Tattoo.“
Eines Tages traue ich mich mal und schreibe zurück: „Hallo, ich auch!“
Ihr merkt, die Terminvereinbarung mit einem Tätowierer ist nicht immer ganz einfach, weder für euch, noch für uns Tätowierer.
Es hilft uns allerdings sehr, wenn ihr verlässlich und verbindlich handelt, das heißt:
Immer mit eurem richtigen und vollständigen Namen schreibt
Alle Informationen preis gebt, die wir brauchen (siehe oben)
Immer den gleichen Kommunikationsweg verwendet
Gerade der letzte Punkt ist wichtig. Kunden, die über alle verfügbaren Kontaktmöglichkeiten das Gespräch suchen, lösen schnell Chaos aus. Da viele in verschiedenen Netzwerken auch unterschiedliche Namen verwenden, kann es im schlimmsten Fall passieren, dass der Tätowierer glaubt, es handele sich um zwei verschiedene Personen und er schreibt zwei Termine – das Chaos ist perfekt. Auch können leicht wichtige Informationen in der Tattooplanung untergehen, wenn der Kunde erst als Louisa eine Email schreibt und eine Woche später schreibt Lou87 über Instagram, dass sie doch kein Mandala-Muster im Hintergrund haben möchte, sondern klassische schwarze Schattierungen – wer zum Teufel ist Lou87 und von welchem Tattoo redet sie???
Die meisten Tätowierer sind hervorragende Künstler, Illustratoren, können zeichnen und tätowieren, aber nicht gut organisieren. Organisieren wird übrigens schwieriger, je gefragter man ist und im Moment haben wir alle jede Menge zu tun… Der Bürokram macht sicher den meisten leidenschaftlichen Tätowieren am meisten zu schaffen. Deswegen bitte ich stellvertretend für alle Kollegen um etwas Nachsicht und Geduld, wenn Emails mal länger dauern, die Warteliste lang ist, oder der Tätowierer zum 10. Mal nachfragt, auf welcher Körperseite du doch gleich das Mandala haben wolltest. Man kann mit dem Kopf nicht überall sein und nicht jeder kann es sich leisten, jemanden für die Büroarbeit einzustellen.
Orientiert euch an meinem Leitfaden, was in der ersten Email auftauchen sollte, damit beschleunigt ihr den Prozess der Terminvereinbarung und macht eurem Tätowierer nicht unnötig viel Arbeit:
Leitfaden – welche Informationen braucht der Tätowierer
- Dein vollständiger Name
- Dein Tattoowunsch ausführlich beschrieben
- Bei Schriften: wie lautet der Text, wie soll die Schrift ungefähr aussehen?
- Eventuell vorhandene Beispielbilder
- Farbigkeit (schwarz-weiß, bunt, welche Farben magst du gar nicht, welche Farben gehören zu deinen Lieblingsfarben?)
Stil (im besten Fall hast du dir den Tätowierer schon so ausgesucht, dass er sowieso den Stil tätowiert, den du haben möchtest, ansonsten solltest du erwähnen, was du anders haben möchtest) - Größe der Tätowierung (am besten mit Vergleichen „Zigarettenschachtel“ o.Ä.)
- Körperstelle mit Seite links oder rechts
- An welchen Wochentagen und Uhrzeiten kannst du meistens
geplante Urlaubszeiten, die beachtet werden müssen
für Sportler Turniersaisons beachten - Brauchst du ein Beratungsgespräch?
- Hast du eine Budgetgrenze?
Wenn ihr einen Termin bei einem Tätowierer vereinbaren wollt, informiert euch, wie und wann er Termine vergibt, schreibt höflich, informativ und in ganzen Sätzen, dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen!
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Kommentieren →[…] Glück muss man einen Termin zur Tattooentfernung nicht so weit im Voraus planen, wie einen Tattootermin. Die Behandlung nimmt wesentlich weniger Zeit in Anspruch, als das Anfertigen einer Tätowierung. […]