In meiner täglichen Arbeit fällt mir immer wieder auf, dass wir Tätowierer mit einer gottgegebenen Selbstverständlichkeit Begriffe benutzen, die vielen Kunden gänzlich unbekannt sind.
Manche fragen nach, wenn sich ihnen in der Email oder beim Beratungsgespräch ein Fremdwort nicht erklärt. Andere trauen sich vielleicht nicht oder überlesen etwas, wodurch es zu Missverständnissen kommen kann.
Begriffe, die bei der Arbeit des Tätowieres vorkommen, stammen meist aus dem Englischen und sind aus verschiedenen Szenen und Subkulturen in unseren Sprachgebrauch transportiert worden. In einem anderen Artikel bin ich bereits auf die Rechtschreibung der eingedeutschten Variante des Wortes „Tätowieren“ eingegangen. es ist einleuchtend, dass nicht jeder Kunde gleich mit jedem Begriff etwas anfangen kann. Als Tätowierer hat man seit vielen Jahren täglich mit diesen Wörtern zu tun und macht sich nicht klar, dass sie Tattooanfängern ein Fragezeichen auf die Stirn zaubern können. Die gängigsten Wörter möchte ich in diesem Artikel für euch erklären oder übersetzen.
Blackwork
Blackwork bezeichnet eine Stilrichtung in welcher ausschließlich mit schwarzer Farbe gearbeitet wird. Dieser Begriff hat nichts mit Steuerhinterziehung zu tun 😉
Blaupause (oder Matritzenpapier)
Die Blaupause ist das Blaupapier mit dem das Stencil angefertigt wird. Es handelt sich um ein Durchschlagpapier, welches mit Hilfe spezieller Flüssigkeiten die Tattoovorlage auf die Haut transportiert.
Coil
Coil heißt übersetzt Spule und bezeichnet eine Spulenmaschine. Eine Spulenmaschine ist eine Tätowiermaschine, die mit zwei Kupferspulen einen elektromagnetischen Stahlträger bewegt, auf dem die Tattoonadel sitzt, sodass diese sich vor und zurück bewegen kann.
Cover-Up
Als Cover-Up bezeichnet man eine neue Tätowierung, die eine alte vollständig überdeckt. Wer sein Tattoo nicht mehr mag, fragt seinen Tätowierer nach einem „Cover“ oder „Cover-Up“.
Dotwork
Beim Dotwork besteht die Arbeit streng genommen nur aus Punkten. Dotworkkünstler erstellen ganze Bilder aus winzigen Punkten, die bedingt durch unterschiedliche Dichten und Abstände Bilder mit außergewöhnlicher Tiefe und Präzision erzeugen. Ein Dotwork kann aber auch innerhalb eines traditionellen Tattoos Anwendung finden, wenn es eine Fläche anstelle von Schattierungen ein Meer aus kleinen Punkten bekommt.
Flash
Flash und Flashwork sind uralte Begriffe der Tätowierkunst. Sie bezeichnen die Tattoovorlagen. Früher gab es die sogenannten Flashkünstler, die häufig selbst keine Tätowierer waren, aber ihren Lebensunterhalt mit Tattoovorlagen verdienten. Viele Tätowierer waren des Zeichnens nicht mächtig und kauften ihre Vorlagen bei talentierten Illustratoren, die mit ihren Mappen in die Studios kamen und so auch die Tattootrends beeinflussten. Viele Tätowierer gehen bis heute der alten Tradition nach und fertigen und verkaufen Flashbücher an andere Tattookünstler.
Heute ist das traditionelle „sich etwas aus der Mappe aussuchen“ leider in Verruf geraten. Der Kunde von heute möchte ein individuell für ihn angefertigtes Motiv, welches kein anderer Kunde trägt. Dabei Übersehnen viele die Tatsache, dass ihre von Instagram und Pinterest inspirierten Wünsche den gleichen massenkompatiblen Geschmack repräsentieren, wie die Werke der Flashkünstler aus dem 20. Jahrhundert und somit häufig alles andere als individuell und persönlich sind.
Flat
Eine Flat ist eine Nadel, bei der die Einzelnadeln nur in einer einzigen Reihe angeordnet sind. Die Flat eignet sich zum sanften Schattieren. Nur wenige Künstler nutzen sie auch zum Füllen von Flächen.
Freihand-Tätowierung / Freehand-Piece
Manchmal hört man Kunden ehrfurchtsvoll sagen: „Das hat der Tätowierer bei meiner Freundin Freihand gestochen!“ Damit ist jedoch keineswegs gemeint, dass der Tätowierer direkt mit der Maschine auf die Haut losgeht. Ein Freihand-Tattoo ist eine Tätowierung, welche zuvor nicht mit einem Stencil, sondern mit Hautstiften auf die Kundenhaut aufgezeichnet wurde. Der Begriff ist also etwas irreführend.
Tätowieren ohne jede Vorlage auf der Kundenhaut ist nicht ratsam, da man während des Tätowierens die Haut verzerrt und verzieht und so auch das Gesamtbild verzerrt werden kann.
Guestspot
Hat ein Tätowierer einen Guestspot in einem Tattoostudio heißt das, dass er dort für einen begrenzten Zeitraum als Gasttätowierer tätig ist.
Handpoking
Der Begriff Handpoking bezeichnet das Einbringen von Farbe in die Haut ohne elektrische Maschinen. Der Tätowierer pickt selber mit der Nadel kleine Punkte in die Haut, welche zusammen ein ganzes Bild ergeben.
Ink
Ink ist das englische Wort für Tusche und bezeichnet im Englischen auch die Tätowierfarbe. Auf Instagram findet man unter den Hashtags #ink, sowie #inked hauptsächlich Tattoo und Bilder von tätowierten Menschen.
Liner
Ein Liner kann sowohl als Bezeichnung für eine Tätowiermaschine, die für Linien gedacht ist eingesetzt werden, als auch als Bezeichnung für die Tattoonadeln. Eine 9er Liner bezeichnet demnach eine Nadel, die aus neun Einzelnadeln besteht und zum Linienziehen geeignet ist.
Linework
Linework ist ein anderer Begriff für Outlines. Der Begriff ist jedoch etwas präziser und wird auch für Tätowierungen verwendet, die ausschließlich aus Linien beziehen. der Begriff kommt ebenfalls zum Einsatz, wenn die Linien explizit zur Sprache gebracht werden wollen. „Dieser Tattookünstler beeindruckt durch sein außergewöhnliches Linework.“
Magnum
Eine Magnum ist eine Nadel, bei der mehrere Einzelnadeln nebeneinander und übereinander angeordnet sind. Magnums eignen sich sowohl zum Schattieren, als auch zum satten Füllen von Flächen.
Maori-Tätowierungen
Die Maori (sprich: Maui) sind ein Urvolk aus Neuseeland, dessen Stammes-Tattoomotive in unsere westliche Welt transportiert und nachgeahmt wurden. Maori-Tätowierungen sind bedeutungsintensive Motive, die sich zusammenfügen und ein ausdrucksstarkes Gesamtbild ergeben. Heute benutzen viele den Begriff ohne Verstand und ohne das Wissen über die Korrekte Aussprache.
Outlines
Outlines heißt übersetzt „Außenlinie“. Beim Tätowieren beschreibt der Begriff jedoch nicht nur die Linien, die außen um das Tattoo laufen, sondern alle Linien, die im Tattoo vorkommen. Beim traditionellen Tätowieren sticht der Tätowierer zuerst die Außenlinien, anschließend die Schattierungen und wenn gewünscht, kommt ganz zum Schluss noch Farbe ins Spiel.
Rotary
Eine Rotarymaschine ist eine Tätowiermaschine der jüngeren Generation. Bei dieser Konstruktion wird die Nadel über eine Kurbelwelle bewegt, die von einem winzigen Motor ebenfalls durch Strom angetrieben wird.
Shading(s), Shader
Shadings, übersetzt Schatten, meint die meist schwarzen und kontrastierenden Flächen einer Tätowierung. Beim traditionellen Tätowieren wurden und werden Schatten nicht selten entgegen einer logischen Richtung gesetzt. Das heißt, schwarze Schattenfarbe kommt dort zum Einsatz, wo sie gut aussieht und dem Bild eine gute Kontrastierung gibt – entgegen einer linearen, fiktiven Lichtquelle.
Shading als Verb bezeichnet demzufolge den Prozess des Tätowierens der schwarzen Flächen.
Ein Shader ist eine Tätowiermaschine, die speziell für den Prozess des Schattierens eingestellt wurde.
Silberhaut
Als Silberhaut bezeichnen Tätowierer die fast transparente, glänzende Hautschicht, die sich nach einigen Tagen, wenn die Kruste abgefallen ist, auf einer neuen Tätowierung zeigt.
Spule
siehe Coil
Stencil
Das Stencil bezeichnet den Durchschlag der Vorlage, der mit einem Blaupapier gefertigt wurde, um ihn vor dem Stechen auf die Kundenhaut auszubringen. Das Stencil bezeichnet sowohl das Trägerpapier, mit dem das Motiv auf die Haut übertragen wird, als auch das Bild, welches eben jenes auf der Kundenhaut hinterlässt.
Tribal
… ein Begriff, der inzwischen fast abwertend genutzt wird, um Tätowierungen zu bezeichnen, die vorzugsweise in den 90er Jahren gestochen wurden. Es handelt sich um freie Formen, die den Stammes-Tätowierungen der Urvölker unserer Welt entlehnt wurden.
Walk-In
Ein Walk-In bezeichnet einen Zeitraum, in dem interessierte Tattookunden ohne vorherige Terminvereinbarung in das Tattoostudio kommen können, um sich tätowieren oder beraten zu lassen. Manche Tattoostudios arbeiten nur als Walk-In-Shop, dort können keine Termine im Voraus gemacht werden. Die meisten Studios sind lange ausgebucht und bieten mit einem Walk-In-Tag ihren Kunden die Möglichkeit, ein spontanes Tattoo ohne lange Wartezeiten zu bekommen.
Wannado
Wannado kommt von „Want to do“ und heißt schlecht übersetzt „möchte machen“. Es steht für eine Illustration, die der Tätowierer gerne stechen möchte. Lädt ein Tätowierer „Wanna-Dos“ im Internet hoch oder stellt sie in seinem Shop aus, kann der Kunde aus diesen Vorlagen wählen.
Watercolor
Watercolor ist kein Begriff aus der Tätowiersprache. Es ist das englische Wort für Aquarell. In dieser Begriffswelt kommt es im Deutschen immer wieder zu Missverständnissen. Aquarell ist das deutsche Wort für Aquarelle und bezeichnet eine Maltechnik, bei der durch den erhöhten Einsatz von Wasser differenzierte Farbverläufe entstehen. In den vergangenen Jahren fand diese Technik auch Einzug in die Tätowierbranche.
Hier scheiden sich allerdings die Geister, was die Schönheit und Haltbarkeit des neuen Trends betrifft. Watercolortattoos sind Tätowierungen, die in ihrem Aussehen eine Aquarellillustration nachahmen. Jedoch werden beim Tätowieren die verwendeten Farben nicht einfach mit Wasser gemischt. Sie werden mit speziellen Nadeln und Tätowiertechniken unter die Haut gebracht.
Fallen euch noch weitere Begriffe ein, deren Bedeutung euch unklar ist? Schreibt es gern in die Kommentare!
1 Kommentar
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