Letztes Wochenende habe ich meine beste Freundin auf einen Kurztrip nach Warschau begleitet. Sie hatte zuvor über Instagram einen Tattootermin bei einer in Warschau ansässigen Tätowiererin vereinbart. Auf meiner Instagramseite bekomme ich häufig Nachrichten oder Kommentare, die so ähnlich lauten, wie: „Wenn du nicht so weit weg wärst, würde ich mich von dir tätowieren lassen.“ Für alle Reisemuffel und natürlich für alle, die einem Tattoo-Kurztrip nicht abgeneigt sind, schreibe ich heute einen Erfahrungsbericht über unser Tattoowochende in Warschau.
Den Tätowierer nach der Entfernung wählen
… ist selten eine gute Idee. Zugegeben, meine Freundin hat mit ihrem 1000-Kilometer Trip natürlich auch ein bisschen übertrieben. Nicht jeder hat die finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten solch eine lange Reise für einen Tattootermin anzutreten. Doch wenn man die Mittel hat, kann ich jedem nur dazu raten, diese Erfahrung für das eigene Leben mitzunehmen.
Heutzutage gibt es kaum noch eine Stadt, die nicht mindestens ein Tattoostudio hat. Allerdings fällt auch auf, dass die Tätowierstile sich immer mehr differenzieren. Jeder Tätowierer entwickelt seine eigene Handschrift und zwischen zwei Tattoos mit ein und demselben Motiv können in der Ausführung Welten liegen. So hat der Kunde nicht nur eine große Auswahl, er findet auch im Internet immer mehr herausragend spezialisierte Künstler, deren individuelle Note kaum nachzuahmen ist.
Die sozialen Netzwerke eröffnen uns die ganze Vielfalt der Tattoowelt
Meine Freundin war noch keine vier Wochen bei Instagram angemeldet, da hatte sie bereits ihre „Traum-Tätowiererin“ gefunden (nach mir versteht sich). Beim Durchsehen ihrer Bilder war schnell klar: diesen Stil kann ich nicht tätowieren – wir müssen zu ihr fahren. Sie arbeitet in einem Tattoostudio im Herzen von Warschau und innerhalb weniger Monate konnten wir einen Termin bekommen.
Die Reise zum Traum-Tätowierer kann teuer werden
Wahrscheinlich ist dir beim Lesen schon klar, dass die Kosten für die Reise die Kosten für die Tätowierung deutlich überschreiten. Da der Termin ganztägig statt finden sollte, buchten wir die Anreise am Vortag. Mit einer frischen DinA4 großen Tätowierung nachts heim zu reisen ist auch keine gute Idee, also bucht man mindestens zwei Nächte im Hotel. Hinzu kommen die Kosten für den Flug, die Anreise zum Flughafen, Taxigebühren und so weiter. Da man so ein Abenteuer auch ungern auf eigene Faust bestreitet, sind alle Kosten für zwei Personen zu berechnen.
Ich finde, dass ein besonderes Tattoo von einem guten Tätowierer diese Kosten und den damit verbundenen Aufwand rechtfertigt. Eine Tätowierung hält ein Leben lang, es ist eine Investition in das eigene Aussehen und auch die damit verbundenen Erinnerungen bleiben ein Leben lang. Ein solches Erlebnis ist nicht zu vergleichen mit einem Tattootermin beim eigenen Stamm-Tätowierer um die Ecke.
Aufregung und Lampenfieber inklusive
Man muss nicht explizit erwähnen, dass wir beide ganz schön aufgeregt waren, als wir den Weg zum Warschauer Tattoostudio angetreten haben. Wir hatten weder eine Anzahlung überweisen müssen, noch hatten wir einen Entwurf vorab gesehen. Natürlich gehen einem in den Stunden vor dem Termin die abenteuerlichsten Szenarien durch den Kopf: Was, wenn sie uns vergessen hat? Warum hat sie nicht auf die letzte Mail geantwortet? Was machen wir, wenn an dem Studio ein Zettel hängt „Heute geschlossen“?
Wir waren eine Stunde zu früh am Tattoostudio, nur um uns zu vergewissern, dass es wirklich unter der angegebenen Adresse zu finden ist. Nach einer weiteren Stunde spazieren durch die Stadt, fanden wir uns erneut pünktlich am Studio Gulestus Tattoo ein und zu unserer allgemeinen Erleichterung, saßen alle Tätowierer vor dem Shop und begrüßten uns herzlich.
Meine persönliche Betriebsspionage
Für mich ist es immer ein besonderes Erlebnis, fremden Tätowierern in anderen Studios über die Schulter zu schauen. So gab es auch an diesem Tag viel für mich zu lernen, im Positiven, wie im Negativen.
Das Tattoostudio sieht unglaublich urig und cool aus. Nackte Ziegelsteine an den Wänden kombiniert mit ausgefallenen Illustrationen und alten Möbeln schaffen dort eine angenehme Atmosphäre. In meiner Kommune wäre eine solche Einrichtung jedoch aufgrund der örtlichen Hygienestandards nicht denkbar.
Bei Gulestus arbeiten drei Tätowierer auf engstem Raum zusammen. Es läuft laute Musik und die Kunden sowie ihre Begleitungen sitzen zwar eng gedrängt im Wartebereich, werden jedoch laufend mit frischem Kaffee oder Tee versorgt.
Der Arbeitsablauf unserer Tätowiererin ließ mir zugegebener Maßen die Haare zu Berge stehen. Unser Termin war um 11 Uhr, das Stencil saß jedoch erst um 13 Uhr auf der Haut. Zwei Stunden saßen wir untätig herum, während unsere Tätowiererin zeichnete, mehrfach rauchen ging und ihren Arbeitsplatz aufbaute. Dem Adrenalinspiegel des Kunden ist es natürlich wenig zuträglich, wenn er noch zwei Stunden Zeit hat, sich in die eigenen Nervosität hinein zu steigern.
Das Ergebnis zählt
Am Ende spielt der Arbeitsablauf der Tätowierer jedoch immer eine untergeordnete Rolle. Michalina tätowiert absolut professionell, die hygienischen Bedingungen sind einwandfrei und die Farben die gleichen, die auch bei uns in Deutschland behördlich zugelassen sind.
Nach dem alle schwarzen Bereiche, die Linien und das Dotwork fertig waren, machten wir eine gemeinsame Kaffeepause. Danach folgten die bunten Bereiche. Anschließend folgte noch eine Fotosession, bei der Michalina sehr sorgfältig ein gutes Foto der Tätowierung anfertigen konnte.
Andere Länder, andere Mittel
Als besonderes Gimmick benutzte Michalina ein Betäubungsspray, welches sie unermüdlich während des gesamten Tätowiervorgangs auf die Haut meiner Freundin auftrug. So war der Tätowiervorgang für sie absolut schmerzfrei. Leider ist das Spray bei uns in Deutschland nicht zugelassen. Michalina kommentierte diese Anmerkung meinerseits mit den Worten: „Oh, that’s so sad, this spray is liquid gold for us!“ Ja, das glaube ich ihr…
Zu guter Letzt bekam die neue Tätowierung eine selbstklebende Folie, auch Second Skin genannt. Eigentlich sollte diese Folie 2-3 Tage auf der Haut bleiben. Auch in Deutschland wird sie von manchen Tätowierern verwendet. Da wir jedoch auf die konventionelle Art der Tattoonachbehandlung schwören, entfernten wir die Folie noch am gleichen Abend. Auch auf ein Auftragen des empfohlenen Tattoo-Sprays verzichtete meine Freundin, da dieses parfümhaltig war und wir auch hier vorgesorgt und unsere eigenen Produkte eingepackt hatten.
Fazit zum Tattoo-Kurztrip
Zusammenfassend war unser Tattoo-Kurztrip ein tolles und einmaliges Erlebnis, das uns ewig in Erinnerung bleiben wird. Der Stil der Tätowierung ist unnachahmlich und auch das ganze Drumherum war eine willkommene Abwechslung zum Alltag. Wir würden jederzeit wieder 1000 Kilometer für ein Tattooerlebnis auf uns nehmen. Wenn du dir weitere Arbeiten von Michalina ansehen willst, findest du sie auf Instagram.
Was war deine längste Reise für ein Tattoo? Bist du bereit, einen großen Anreiseaufwand auf dich zu nehmen oder gehst du lieber zum Tätowierer nebenan? Schreibe deine Erfahrungen gern in die Kommentare!
2 Kommentare
Kommentieren →Toller Beitrag! Gerade erst über Google gefunden.
[…] wurde unser Tattoo-Kurztrip nach Warschau das Highlight des Monats Februar über das ich auch einen Blogartikel geschrieben […]