Sind farbige Tattoos verboten?

Bei uns im Studio sind wir immer wieder überrascht, wie viel Desinformation unter Stamm-/ und potentiellen Kund*innen zum Thema Tattoofarben herrscht. Viele glauben aufgrund der irreführenden medialen Berichterstattung, dass farbige Tattoos verboten sind.

Als Tattoo-Bloggerin sehe ich das Versäumnis auch bei mir, daher schreibe ich diesen Artikel.

Farbige Tattoos waren nie verboten

Zum Jahreswechsel 2021/2022 trat EU-weit eine neue Verordnung in Kraft, die bestimmte Inhaltsstoffe in Tattoofarben verboten hat. Bestimmte Stoffe, die der Konservierung der Farben dienen, durften ab dem 04.01.2022 nicht mehr in Tattoofarbe enthalten sein.

Da die Hersteller von Tattoofarben es versäumt hatten, rechtzeitig Alternativen zu entwickeln, gab es eine Übergangszeit zu Beginn des Jahres 2022 in der es keine bunten Farben zu kaufen gab. Farbige Tattoos an sich waren jedoch zu keinem Zeitpunkt verboten. Es hat lediglich ein paar Monate gedauert, bis es Farben auf dem Markt gab, die der neuen Verordnung entsprechen.

Werden farbige Tattoos verboten?

Nein, farbige Tattoos werden nicht verboten. 

Zum Jahreswechsel 2022/2023 gab es erneut eine Verordnung. Ein Verbot für die Verwendung von zwei altbekannten Pigmenten wurde umgesetzt. Es handelt sich um die Pigmente „Grün 7“ und „Blau 15:3″.

Wer sich ein bisschen mit Farben auskennt, kann sich vorstellen, dass dadurch nicht nur zwei Farben wegfallen, sondern auch Mischtöne, für die man Blau und Grün benötigt. Ohne Blau wird es beispielsweise schwer, Violett anzumischen.

Warum werden bestimmte Pigmente für Tattoofarbe verboten?

Die Pigmente Grün und Blau wurden streng genommen nicht verboten, genauer gesagt lief die Genehmigung der Verwendung auf und in Haut aus. Um Pigmente auf oder in menschlicher Haut zu verwenden, sind in der EU Sicherheitszertifikate notwendig, die die Unbedenklichkeit belegen.

Zuständig für die Beantragung und Finanzierung der Pigmente ist die Kosmetikbranche. Da Tätowierungen zu Kosmetik gehören, sind wir dieser Branche untergeordnet.

Leider hat die Kosmetikbranche keine Verwendung mehr für die Pigmente Grün und Blau, die in Tattoofarben zum Einsatz kommen. Für den kosmetischen Einsatz wurden inzwischen Alternativen gefunden, die weniger haltbar und somit besser verwendbar sind. Bei blauer oder grüner Haarfarbe beispielsweise gibt es neue Pigmente, die ein ungewolltes Einfärben der Kopfhaut, Hals und Hände beim Färbe-Prozess verhindern.

Für die Tattoobranche sind diese neuen Pigmente in Grün und Blau teilweise nicht geeignet, da Tätowierer*innen auf eine lange Haltbarkeit und dauerhafte Pigmentierung der Haut angewiesen sind.

Sind die alten Pigmente gefährlich oder gesundheitsschädlich?

Die erwähnten Sicherheitszertifikate belegen in regelmäßigen Abständen die Unbedenklichkeit der verwendeten Pigmente. Da es diese Zertifikate über Jahrzehnte für die genannten Farben gab, können wir davon ausgehen, dass sie gesundheitlich weitestgehend unbedenklich sind. Das Problem ist, dass dies zukünftig nicht mehr durch ein Zertifikat belegt werden kann. Die Unbedenklichkeitszertifikate kosten sehr viel Geld und scheinbar war oder ist die Tattoobranche nicht in der Lage, die Zertifikate im Alleingang ohne die Kosmetikbranche zu erwerben.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht ebenfalls keine bis geringe Toxizität der beiden Pigmente. Hier kannst du alles im Detail nachlesen.

Führen menschliche Verhaltensweisen zu bestimmten Krankheiten, fällt uns diese Häufung im Zusammenhang schnell auf. Rauchen führt oft zu Lungenkrebs, Alkoholmissbrauch kann zu Lebererkrankungen führen, Übergewicht und Bewegungsmangel stellen ein Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen dar. Bei Tätowierungen gibt es diese auffälligen Häufungen in Bezug zu Krankheiten nicht.

Gibt es keine Studien zu den Gefahren für den Menschen durch farbige Tattoos?

Leider ist die Studienlage zum Thema Tattoos mehr als dünn. Tätowierungen waren die längste Zeit eine Randerscheinung und daher für die Gesellschaft uninteressant. Erst seit den 2000er Jahren interessiert sich auch der breite Mainstream für diese Kunstform. So ist es nicht verwunderlich, dass es kaum Statistiken oder umfangreiche Studien zu diesem Thema gibt.

Momentan läuft die bisher größte Studie zum Thema Tattoofarben und ihre Auswirkungen auf den menschlichen Körper in der Berliner Charité. Ergebnisse gibt es jedoch noch nicht.

Gibt es Alternativen zu den verbotenen Farben?

Inzwischen gibt es neue grüne und blaue Tattoofarbe mit anderen Pigmenten.
Fast alle Nuancen konnten ersetzt werden. Eine Ausnahme bildet das strahlkräftige Azurblau, auch als Schlumpfblau bekannt. Für diese Farbe gibt es kein Ersatzpigment.

Wir werden für einige Jahre auf diesen Farbton verzichten müssen.

Was kann ich tun, wenn ich farbige Tattoos liebe?

• Wenn du die Branche aktiv unterstützen möchtest, unterschreibe bitte die Petition Save the Pigments. Sie ist eine der erfolgreichsten Petitionen, die je im EU-Parlament eingereicht wurde und immer noch aktiv. Nur so können wir der Regierung aufzeigen, wie vielen Menschen dieses Thema am Herzen liegt und wie viele von neuen Regulierungen betroffen sind.

• Werde Mitglied im Bundesverband Tattoo. Im BVT kann jeder Mitglied werden, ganz gleich, ob du Tätowierer*in, Kund*in oder einfach nur am Thema interessiert bist. Der BVT setzt sich für unsere Branche ein und hält seine Mitglieder via Newsletter auf dem neusten Stand der Entwicklungen.

• Auch mit einer Mitgliedschaft in der ESTP kannst du die Forschung rund um die Tattoofarben unterstützen, indem du als passives zahlendes Mitglied die Arbeit der Wissenschaftler*innen unterstützt.

Hast du noch weitere Fragen zu diesem Thema? Sind dir Fehler in meiner Ausführung aufgefallen oder hast du noch eine Ergänzung? Schreibe gern deine Gedanken in die Kommentare!