Cosmedica Tattootagung 2019

Am 02.03.2019 fand die Cosmedica Tattootagung im Hörsaalzentrum des St. Joseph Hospitals in Bochum statt. Schon früh hatten meine Kollegin und Freundin Melina und ich zwei Tickets reserviert, denn die Veranstaltung ist stets gut besucht und oft ausgebucht.
Das vermittelte Wissen und die Komplexität der Vorträge lässt sich nicht in einem Blogartikel zusammen fassen. Trotzdem will ich versuchen, für alle, die nicht dabei sein konnten, den Tag ausführlich zu beschreiben.

Das Programm der Cosmedica

Wie in jedem Jahr waren namenhafte Referenten für Vorträge im Hörsaal eingeladen. Neben den bekannten Tätowierern Andy Engel und Randy Engelhard sprachen auch Dr. Mark Benecke, Dipl. Ing. Michael Dirks, Dr. Klaus Hoffmann, der auch die wissenschaftliche Leitung der Veranstaltung hatte und andere Ärzte.

Topthemen waren unter anderem die Inhaltsstoffe von Farben und deren Risiken für den Kunden, Tattooentfernung mittels Lasertechnik, Das Verhalten von Pigmenten im Körper und vieles mehr.

Picosekundentechnik und neue rechtliche Vorgaben bei der Anwendung von Lasertechnik

Das Thema Lasertechnik und Tattooentfernung mittels Laser war gefühlt der größte Schwerpunkt der Veranstaltung. In der Mittagszeit gab es eine Pause, der eine Live-Laser-Session voraus ging. Das Krankenhaus zeigte seinen Picosure Laser in Anwendung bei drei Patientinnen, die ihre Tätowierung loswerden möchten. Für mich war die Anwendung des Lasers keine neue Erfahrung, schließlich lasse ich mir selbst zur Zeit ein Tattoo mittels Laser entfernen. Den Erfahrungsbericht dazu liest du hier.

Mit dem Picosure wird auch mein ungeliebtes Tattoo entfernt. Auf der Cosmedica 2019 konnten wir eine Live Vorführung des Lasers bestaunen.

Trotzdem konnte ich noch viel lernen, als Prof. Dr. Baron seine Forschungsarbeit präsentierte, die sich mit dem Verhalten gelaserter Pigmente in der Haut beschäftigt. Dem zuvor ging eine Züchtung künstlicher Haut im Reagenzglas, welche erst tätowiert und anschließend gelasert wurde.

Eine wichtige neue wissenschaftliche Erkenntnis ist, dass das Tattoopigment bei dauerhaften Tätowierungen von den Fresszellen, den dermalen Makrophagen aufgenommen wird. Die Fresszellen sind also nicht für den Abtransport und das Altern der Tätowierung verantwortlich, sondern sorgen für den dauerhaften Erhalt der Farbe in der Dermis. Stirbt eine Fresszelle, nimmt ein Nachfahre das Pigment auf und sorgt für den Fortbestand der Tätowierung.

Nichtinfektiöse Reaktionen auf Tätowierfarbe

Dieser Vortrag war für mich einer der spannendsten. Im Tätowieralltag erleben wir zwar zum Glück selten Reaktionen auf Tätowiermittel bei unseren Kunden, aber wenn es passiert, dann sind es immer gleiche Hautreaktionen. Diese lassen sich in verschiedene Kategorien aufteilen. Wie schon zu Beginn gesagt, kann ich den ganzen Input des Referats nicht schriftlich wieder geben, da der Artikel dann ein Buch werden würde, jedoch möchte ich versuchen, das Gelernte grob zu kategorisieren.

Wie in meinem Artikel „Wenn alte Tattoo jucken“ beschrieben, gibt es das Phänomen der Überempfindlichkeit der Mastzellen auf Tätowierungen. Wenn ein altes Tattoo juckt, liegt dies also nicht an einer allergischen Reaktion auf die Farbe, sondern daran, dass unsere Mastzellen empfindlich auf die vorhergegangene Verletzung der Haut reagieren. Sie sind sozusagen nachtragend und reagieren auf erneute äußere Stressoren, wie Druck oder Wärme mit Anschwellen und Juckreiz. In diesem Fall helfen Antihistaminika in Form von Salben oder Tabletten.

Bei lichenoiden Reaktionen auf Tattoofarbe wölbt sich die Tätowierung dauerhaft nach außen. Es kommt zu einem 3D-Effekt, der sich häufig nur auf ein Farbspektrum begrenzt. In diesem Fall helfen kortisonhaltige Salben. Häufig sind hier nicht zugelassene Stoffe im Tätowiermittel der Auslöser.

Wichtig zu wissen: Auch in unseren zugelassenen und geprüften Tätowierfarben finden sich laut Aussage Herrn Schuberts immer wieder verbotene Substanzen, wie beispielsweise Azopigmente.
Die Farbmittelverordnung und ihr Prüfsystem schützt uns also wider Erwarten nicht gänzlich vor potentiell gefährlichen Inhaltsstoffen. Zum Glück zahlt im Fall der Fälle die Krankenkasse eine Behandlung, die auf eine Hauterkrankung durch Tätowiermittel zurück zu führen ist.

Warum Menschen sich trotz gesundheitlicher Risiken tätowieren lassen

…beschrieb Mark Benecke in seinem Vortrag „Die Entwicklung der Tattooszene in den letzten 20 Jahren“. Besonders gefallen hat mir bei seinen Ausführungen, dass er alle optischen Veränderungen, die Menschen an sich vornehmen auf eine Stufe stellt. Er machte deutlich, dass es überholt ist, zwischen Bodymodifications zu unterscheiden, in dem man beispielsweise das Färben der Haare oder das Tragen von Ohrlöchern gesellschaftlich akzeptiert, das Tätowieren und extreme Piercings jedoch scharf verurteilt. Mark Benecke machte deutlich, dass jeder Mensch individuelle Motive hat, seinen Körper zu gestalten, dass nicht ausschließlich psychische Dispositionen oder sexuelle Motive für eine extreme oder ungewöhnliche Art der Körpermodifikation verantwortlich sind.

Wenn eine Tätowierung mal missglückt

Randy Engelhard zeigte eine visuell ansprechende Präsentation seiner Arbeit in Sachen Cover Up Tätowierungen. Wie ein Cover Up angelegt werden muss, um das ungeliebte Tattoo zu überdecken und welche Schwierigkeiten sich bei dieser Arbeit ergeben. Mit dieser Präsentation machte er deutlich, dass der Laser nicht immer der Weisheit letzter Schluss sein muss, sondern, dass gute Künstler mit Cover Up Tätowierungen wahre Wunder in Sachen Körperkunst schaffen können. Dieser Hinweis tat der Veranstaltung sehr gut, da er dem Schwerpunkt Lasertechnik ein Stück weit Gegenwind bringen konnte.

Ein Teilnahmezertifikat gab es auch!
Mein Fazit zu der Veranstaltung

Der Tag war mit seinen neun Stunden Programm äußert facettenreich und ich habe viel gelernt.
Allerdings kam für meinen Geschmack das Thema Veränderungen in der Tätowierbranche für Tätowierer und solche, die es werden wollen mal wieder zu kurz. Das Thema Berufszugangsregelung wurde nur kurz angeschnitten und wahrscheinlich hätten sich alle anwesenden Tätowierer auch Informationen zur anstehenden DIN Norm für Tattoostudios erhofft.
In diesem Zusammenhang gilt meine Kritik auch den Berufsverbänden. Ich bin im BVT und von diesem kam weder ein Hinweis auf die Veranstaltung in Bochum, noch bekommt man Informationen über mögliche Änderungen die uns wegen der DIn Norm bevor stehen.

Wenn du noch weitere Fragen zur Veranstaltung oder bestimmten Themen hast, schreibe mir gern eine Mail oder schreibe deine Frage in die Kommentare.

Schreibe einen Kommentar