Der Preis für dein Tattoo – Darum sind Tattoos teuer

Der Preis für ein Tattoo sind die Kosten hinter der Arbeit

In diesem Artikel geht es nicht darum, wie teuer ein Tattoo ist, sondern darum, wie sich der Preis für dein Tattoo zusammensetzt.

Ich erlebe häufig Kunden, die entsetzt sind, wenn sie den Kostenvoranschlag für ihr erstes Tattoo bekommen. Häufig handelt es sich um junge Menschen, die vielleicht zum ersten Mal eine kostenintensivere Dienstleistung in Anspruch nehmen und dementsprechend auch noch nicht mit dem Stundensatz von Selbstständigen vertraut sind. Auch unschöne Kommentare, wie „Deinen Stundenlohn möchte ich haben!“, oder „Wäre ich mal Tätowierer geworden!“ kommen vor. Für euch und für alle anderen, die es interessiert, habe ich mal beispielhaft den Kostenaufwand hinter der Tätowierung aufgeschlüsselt.

Der Preis für dein Tattoo muss viele Kosten decken

Da Tätowierer*innen fast immer selbstständig arbeiten, zahlen sie alles, was Arbeitnehmern vom Bruttolohn abgezogen wird zuzüglich dem Anteil, dem beim Arbeitnehmer der Arbeitgeber übernehmen muss. Die Krankenversicherung, die Pflegeversicherung und die Sozialabgaben.
Unser Bruttolohn muss viel höher sein, als der von Angestellten, da wir alles selbst zahlen.
Auch eine private Altersvorsorge kann einen hohen dreistelligen Betrag pro Monat notwendig machen.

Tätowierer*innen verfügen außerdem über eine kostenintensive Berufshaftpflichtversicherung , falls mal etwas ganz böse schief läuft. Unsere Krankenkassenbeiträge sind sehr hoch, da wir vor dem Gesetz nicht als Künstler gelten und so nicht in die Künstlersozialkasse kommen können.


Dann summieren sich die Kosten für das Ladenlokal hinzu. Hat man ein eigenes Studio zählen hier die Miete, Strom, Gas, Wasser und die Versicherungen für den Laden.
Ist man als selbstständiger Tätowierer in einem Studio beschäftigt, zahlt man in der Regel eine Miete an den Studiobetreiber*in, die oftmals in den dreistelligen Bereich geht.

Auch das Material bestimmt den Preis für dein Tattoo

Vom Studio differenziert zu betrachten sind die Materialkosten. Viele Kunden denken, dass die Nadeln oder die Farbe besonders teuer sind. Das kann ich so nicht stehen lassen, da die Preise je nach Qualität und Anbieter stark variieren können.
Es ist eher die Masse an Material, das immer zur Verfügung stehen muss, was die Kosten in die Höhe treibt. Jede Nadelgröße, jede Griffstückgröße, jede Farbe, so selten sie auch benutzt wird, muss vorhanden und noch haltbar sein.
Dazu kommen die täglichen Verbrauchsmaterialen, wie Vaseline, Papiertücher, Frischhaltefolie, Abdeckungen für das Material und die Liege, Blaupause, Desinfektionsmittel in sämtlichen Ausführungen, Druckerpatronen, Druckerpapier, Stifte, Zeichenpapier, Pinsel, Stifte, Putzmittel,… Ich kann und möchte nicht alles aufzählen, aber der Aufwand wird trotzdem deutlich.

An dieser Stelle haben einige von euch vielleicht schon grob mitgerechnet und sich gedacht: „Naja, aber mit 400-500 Euro Tagesumsatz müsste das doch locker zu stemmen sein.“

Meine Rechnung für einen realistischen Tattoo Preis

 


Ich habe mich an einer groben Rechnung zur Orientierung versucht. Zugegeben, ist sie bestimmt nicht vollständig und ich erhebe keinen Anspruch auf absolute Korrektheit.

Gehen wir davon aus, dass ich mein Tätowierergehalt dem Bruttogehalt des durchschnittlichen deutschen Arbeitnehmers anpassen möchte. Das liegt laut Statistiken bei c.a. 3800 Euro. Das Jahr hat 365 Tage. Davon ziehe ich 104 Tage Wochenende, c.a. 13 Feiertage, 28 Urlaubstage und 10 Tage für Krankheit oder Weiterbildung ab, denn an diesen Tagen werde ich nicht bezahlt. Bleiben also 211 Tage, an denen ich Geld verdienen kann, das sind c.a. 17 pro Monat. Nun muss ich aber als Tätowierer bedenken, dass ich nicht alle Tage als produktive, also geld-intensive Tage rechnen kann. Schließlich verbringe ich auch Zeit mit Putzen, Zeichnen, Kundengesprächen und so weiter. Diese Zeit nennt man Administrationszeit. Ich bekomme sie nicht effektiv bezahlt, muss sie aber in meinen Stundenlohn einkalkulieren. Ebenso einkalkuliert sind die Tage, an denen mir der Kunde kurzfristig absagt.

Als Selbstständiger Dienstleister rechnet man mit einer Produktivitätsrate von 66,7%, es bleiben also c.a. 12 produktive Arbeitstage im Monat übrig.
der Preis für dein Tattoo

Ich persönlich komme auf c.a. 60 Stunden reine Tätowier-Zeit im Monat. Um auf meine 3800 Euro zu kommen, muss ich also c.a. 64 Euro pro Stunde einnehmen. ABER da sind die am Anfang des Artikels aufgezählten Kosten rund um das Tattoo-Studio und das Material noch nicht drin. Wer mitrechnet, ahnt es schon: die gängigen Stundensätze der Tätowierer von 80-200 Euro sind gar nicht mehr so abwegig. Zu bedenken ist auch, dass wir noch 19% Mehrwertsteuer von jedem Tattoo an den Staat abtreten, diese Prozente kommen also noch ganz oben drauf. Kalkuliere ich also meine Material- und Studiokosten, sowie die Mehrwertsteuer, die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer noch dazu und komme auf einen realistischen Stundenlohn von 100-150 Euro, um ein durchschnittliches Privatleben zu finanzieren und alle anfallenden Kosten zu decken.

Insgesamt muss ich auf einen monatlichen Bruttoumsatz von c.a. 6.000-10.000 Euro kommen, um mein Studio, die verbundenen Kosten und meinen privaten Lebensunterhalt zu finanzieren.

Ganz kann ich die Rechnung natürlich nicht aufschlüsseln, da die Studio-Mieten sich stark unterscheiden können, genau so wie die private und die Umsatzsteuer und der Materialaufwand, den jeder Tätowierer betreibt. Trotzdem hoffe ich, dass euch eure handtellergroße Rose für 100 Euro nicht mehr ganz so teuer vor kommt und ich den ganz misstrauischen Kunden klar machen konnte, dass der durchschnittliche (nicht berühmte Star-)Tätowierer sich keinesfalls über die Maßen an euren Wünschen bereichert.

Sollte noch etwas unklar sein, stellt eure Fragen gern in den Kommentaren!

Übrigens: alle anderen Selbstständigen, Freiberufler und Kunsthandwerker müssen genau so kalkulieren. Meine Rechnung gilt also ebenso für den Goldschmied, den Fotografen, den Feuerspucker und so weiter….

9 Kommentare

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[…] …will auch gründlich gelernt sein. Warum sollte ich als Selbstständiger nicht unter einem Stundenlohn von 100 Euro arbeiten? Wie kalkuliere ich meine unbezahlten Urlaubs- und Krankentage ein, sowie die Tage, an denen mein Kunde nicht auftaucht? Warum sollte ich für ein 20-Minuten-Tattoo trotzdem mindestens 50 Euro berechnen? Falls du Tätowierer oder Tätowieren bist und dir diese Fragen schon lange stellst, lies bitte diesen Artikel. […]

Die Rechnung geht aber nicht ganz auf.

3800€ Durchschnittsbruttogehalt (abgesehen davon, dass dies als Durchschnittswert absurd ist – die Realität sieht anders aus und ich möchte echt Mal wissen, woher diese Zahlen stammen sollen) = 64€ Tagesumsatz. Damit ist man aber wie zuvor erwähnt schon beim Brutto(!) Gehalt eines nicht selbstständigen Menschen. Dh. der normale Angestellte, bekommt ja eben genau von diesem Gehalt noch die Abzüge weg.

Dh. ein Teil der Abzüge des selbstständigen, sind ebenfalls bitte den 3800€ anzurechnen und müssen nicht noch oben drauf gerechnet werden. Der Teil der mehr erwirtschaftet werden muss, kann allerdings keinesfalls ein Monatseinkommen von 6000-10000€ rechtfertigen.

Ginge man jetzt davon aus, das AN und AG idR 50/50 der Abzüge zahlt, käme man ja trotzdem nicht auf 7600€ (2×3800)

Was hat man bei 3800€ brutto noch als Nettogehalt übrig? 2800? Dh. Bei 50/50 AN/AG wäre man bei 1000€ Abzug bei 4800€ (fiktive zahlen, sollte jetzt nur Mal den Denkfehler aufzeigen)

Ich verstehe durchaus, dass man noch Eventualitäten absichern muss. Krankheit etc. für die ein AG normalerweise noch weitere AN hat usw. Aber auch diese katapultieren die Werte nicht so hoch – sonst müsste dies bei jedem anderen selbstständigen auch so sein und jeder selbstständige müsste einen solchen Stundenlohn haben, da diese Eventualitäten und Abzüge nicht an der Branche liegen.

Ich sehe hier wirklich einen Denkfehler. Wäre man von 3800€ netto ausgegangen, okay. Aber brutto impliziert nuneinmal schon einen guten Teil der Abzüge ein.

Nachtrag; ich denke durchaus, dass der von Ihnen genannte Stundenlohn von 80-200€ gerechtfertigt ist. Denn Tattoo dürfen durchaus auch etwas kosten, weil der Artist gut ist und es seine Kunst ist.

Ich bin nur dafür, dass man dies auch so kommuniziert. Ja man nimmt mehr, als zum Leben nötig ist – weil man den Wert der eigenen Arbeit zu schätzen weiß.

Hallo Tahlly,
vielen Dank, dass du dir die Mühe der langen Kommentare gemacht hast. Ich habe sie aufmerksam gelesen und muss dir in vielen Punkten recht geben.
Liebe Grüße
Esther

Also ich kann Tahlly leider nicht recht geben. Da sind selbst leider viel zu viele Denkfehler drin. 🙂

Nehmen wir mal einen Brutto-Umsatz von 10.000 an.
Dann sieht das ganze so aus:

Netto, also nach Abzug der USt. (19 % Ust auf den Nettobetrag also 10.000 / 1,19)= 8.400

Davon gehen ab:
Ladenmiete 750 (50 qm bei einer Miete z.B. in Hamburg von 15 Euro)

Nebenkosten Ladenmiete 175 (3,5 pro qm ist normal)

Abschreibung auf die Ladeneinrichtung 160 (Das ganze Equipment muss auch gekauft werden, z.B. Maschinen, Stühle, Tische, Computer, etc. und dieses Equipment hält auch nicht ewig)

Versicherung 500

Materialeinkauf (netto) 800

Berufsverband 50

Damit bleiben noch 5.965 übrig.

Davon gehen jetzt ab (Ich habe die Werte mal analog zu einem Angestellten gerechnet. Denkt daran dass ein Angestellter immer nur die Hälfte dieser Beträge (ohne ESt.) bezahlen muss.:

Krankenkasse 710
Pflegeversicherung 163
Altersvorsorge 905
Einkommensteuer 875

Damit bleiben 3.312 übrig.

Jetzt noch eine Rücklage für Krankheitstage 250

ergibt einen Nettolohn von 3.062

Ja das ist super. Aber wie der Artikelschreiber auch sagte sind 10.000 schon die Absolute Höchstgrenze.
Man muss bedenken dass die Fixkosten des Ladens auch immer gleich bleiben.

Ich will jetzt nicht die Zahlen hier alle noch einmal aufschreiben, aber wenn man mit 8.000 Umsatz rechnet kommt hier eine Nettolohn von ca. 2.250 raus.

Im Falle von 6.000 kommt ein Nettolohn von ca. 1.500 raus.

Bei 60 Tattoo Stunden im Monat die man abrechnen kann heißt das ganz vereinfacht gesagt:
10.000 Euro im Monat = 166 Euro pro Stunde für den Kunden = ca. 3.000 Nettomonatslohn

8.000 Euro im Monat = 133 Euro pro Stunde für den Kunden = ca. 2.250 Nettomonatslohn

6.000 Euro im Monat = 100 Euro pro Stunde für den Kunden = ca. 1.500 Nettomonatslohn

Und was man bitte nie vergessen darf. Der Tattoo-Artist hat immer das volle Risiko.
Als Angestellter bekommst du dein Gehalt unabhängig wie viele Kunden in den Laden kommen. Hier kann es jederzeit passieren dass keiner Mehr kommt. Dann gibt es kein Geld, die Miete muss trotzdem bezahlt werden, das Equipment abbezahlt etc….

Also meiner Meinung sind Stundenpreise von 150 jederzeit gerechtfertigt.

Und der künstlerische Aspekt wird hier noch nicht einmal vergütet. Das ist nur eine Rechnung für die einfache Dienstleistung. Wenn man einen guten Künstler hat sind auch deutlich höhere Preise gerechtfertigt.

P.S. ich bin kein Tattoo-Artist. Ich bin nur selber auf der Suche nach einem und bin dabei auf diesen Post gestossen und musste einfach etwas schreiben.

P.P.S. Die von Tahlly gennanten 4.800 sind schon richtig. Bei einem Angestellten der 4.800 Brutto verdient sind die Kosten die der Arbeitgeber zu tragen hat ca. 5.900. Wie hier auch in meinem Beispiel. Die vom Verfasser genannten 3.800 ergeb ein Netto von ca. 2.350. Und diese ergeben sich auch in der Rechnung von ca. 8.000 Bruttoumsatz. Der Autor hat sich vielleicht nicht ganz klar ausgedrückt, kommt aber auch zu einem richtigen Ergebnis.
Und so abwägig ist das Durschnittseinkommen nicht. In 2016 lag es bei ca. 3.700.
In meinem Beispiel oben habe ich eine Ladenmiete in Hamburg angenommen. In Hamburg ist das Leben auch nciht so billig, dass 3.800 als Durschnittswert auch angemessen sind.

Liebe Grüße

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