Krank am Tattootermin

An einem trüben Tag im Januar ist es mal wieder soweit. Ich sitze mit meiner Kundin im Laden, wir quatschen und tätowieren und ich frage mich, warum dieses kleine Tattoo mich so anstrengt… Ich ahne schon etwas: ich brüte etwas aus, ich werde krank…

Wer selbstständig ist, studiert oder sich in einer Prüfungsphase befindet, der kennt das darauffolgenden Gefühl der Angst: Wie soll ich das jetzt schaffen? Grade jetzt passt es doch gar nicht – ich kann mir diese Woche nicht frei nehmen. Eine Erkältung bedeutet immer Stress: traurige Kunden, unbezahlte freie Tage, Terminverschiebungen und aufgestaute Arbeit…

Auch aufwendige Entwürfe müssen bei einer Erkältung pausieren, wenn der Kopf schlapp macht…

Wenn der Tätowierer krank wird

… müssen alle Kundentermine abgesagt werden.
In solchen Momenten beneide ich Menschen im Angestelltenverhältnis. Nicht nur, weil Angestellte im Krankheitsfall weiter bezahlt werden, sondern auch, weil die meisten nur den Vorgesetzten informieren oder eine AU vom Arzt holen müssen.

Ich schleppe mich an den Schreibtisch, schlage den Terminkalender und klappe den Laptop auf und lasse die Namen auf mich wirken, die in den folgenden Minuten eine Terminabsage schlucken müssen.

Ein Kunde hat mir schon drei Emails geschrieben, in denen er mir lebhaft seine Vorfreude schildert, meine Donnerstagskundin hat schon vor Monaten Urlaub für ihren Tattootermin eingereicht und am Freitag wollen drei potenzielle Neukunden den frühen Feierabend für ein Beratungsgespräch mit mir nutzen… ich darf eigentlich nicht krank werden, weil so viele Menschen sich auf ihren Tattootermin bei mir freuen.

Welcher Kunde bleibt entspannt, wenn der Tätowierer sich nicht gut fühlt?

Manche Kunden haben Verständnis, andere werden sauer…

In der Regel bekomme ich von allen Kunden eine Antwort auf meine Absage.
Im Idealfall haben alle Verständnis und wünschen mir gute Besserung. Die meisten Kunden freuen sich, wenn der Tätowierer ehrlich zugibt, dass er körperlich nicht in der Lage ist zu tätowieren.

Manchmal stößt man jedoch auch auf Unverständnis und grenzenlose Enttäuschung. Ich finde es erschreckend, dass manche Kunden einem regelrecht Vorwürfe und ein schlechtes Gewissen machen. Tätowierer wissen, dass ihre Kunden Urlaub eingereicht haben, Kinderbetreuungen organisieren mussten oder andere Umstände für den Tattootermin auf sich nehmen mussten.

Ich wage jedoch zu behaupten, dass meine Umstände im Falle eines krankheitsbedingten Ausfalls schlimmer sind: Ich verärgere mir nicht nur die Kunden, ich habe auch einen unfreiwilligen Urlaubstag, muss diesen krank im Bett verbringen und auch noch selbst bezahlen! Mit jedem weiteren Tag, den ich krank im Bett verbringe, häuft sich die Arbeit an, die ich im Nachgang aufarbeiten muss. Wahlweise passiert das am Wochenende oder nach Feierabend sobald ich wieder arbeitsfähig bin.

Auch von anderen Tätowieren habe ich schon ähnliche Geschichten gehört, in denen Kunden kein Verständnis dafür aufbringen, wenn man aufgrund von Krankheit den Termin verschieben muss. Das kann ich gar nicht nachvollziehen. Wer möchte schon von jemandem ein dauerhaftes Hautbild gestochen bekommen, der nicht zu 100% fit ist?

Der Tätowierer gefährdet seine Kunden, wenn er krank arbeiten geht.

Ich bin ehrlich, ich nehme mir immer mehr Krankentage, als nötig. Wenn mein gesundheitlicher Zustand nur leicht angeschlagen ist, bleibe ich lieber zuhause. Zum Tätowieren sollte man zu 100 % fit und konzentrationsfähig sein. Eventuell habe ich durch die Schnupfnase keinen erholsamen Schlaf und außerdem bin ich ansteckend.

Bestimmte Bakterien, die für eitrige Entzündungen verantwortlich sind, können in die Tätowierung gelangen. Lösen sie dort eine Infektion aus, kann im schlimmsten Fall eine Amputation der betroffenen Gliedmaße notwendig werden. Es gibt Fälle von Operationen, bei denen der operierende Arzt seinen Patienten angesteckt und die Wunde so stark infiziert hat, dass es zur berüchtigten -Infektion kam. Diese ist auch bekannt als „Besser arm dran, als Arm ab – Krankheit“.

Auch für Kunden gilt: gehe nicht krank zum Tattootermin

Es ist dem Tätowierer gegenüber sehr rücksichtlos krank zum Termin zu erscheinen. Wenn man stundenlang auf engstem Raum zusammen arbeitet, ist die Ansteckungsgefahr sehr hoch. Der Tätowierer bekommt im Falle einer Erkältung jedoch kein Gehalt und hat im Nachgang jede Menge Stress, um alle Kundentermine nachzuholen.

Außerdem hält der kranke Kunde erfahrungsgemäß nicht lange durch und die Sitzung muss vorzeitig abgebrochen werden.

Tätowiert werden ist anstrengend und der Körper muss gesund sein, um die Prozedur gut wegstecken zu können.

Erkältungsviren können in das frische Tattoo eindringen!

Stay home und verschiebe den Termin

Das einzig Gute an der Corona-Pandemie war, dass die gesellschaftliche Akzeptanz gestiegen ist, eine Erkältung zuhause auszukurieren. Inzwischen gilt man nicht mehr als tapferer Kämpfer, wenn man sich krank zu seinen Terminen oder zur Arbeit schleppt. Die meisten Mitmenschen empfinden es als unkollegial und rücksichtslos gegenüber allen anderen.

Egal, ob Kunde oder Tätowierer, nimm dir die nötige Zeit, um wieder ganz gesund zu werden!
Jeder andere Weg rächt sich. Erkältungen bremsen uns aus und das müssen sie auch. Der Körper braucht Zeit, um sich gegen immer neue Virenstämme immunisieren zu können.

Die Sache mit den Anzahlungen

Wenn du deinen Termin krankheitsbedingt absagen musst oder dein Tattootermin durch den Tätowierer abgesagt wird, kannst du in den AGB deines Tattoostudios nachschauen, ob deine Anzahlung einbehalten wird. Jeder Tätowierer hat einen eigenen Umgang mit den Anzahlungen.

Bei den meisten werden Anzahlungen einbehalten, wenn die Absage kurzfristig erfolgt. Das ärgert die meisten Kunden, da sie nichts dafür können, dass sie krank geworden sind. Dein Tätowierer kann jedoch auch nichts dafür und hat dazu noch den finanziellen Ausfall. Diese Regelung gibt es nicht nur in Tattoostudios. Physiotherapeuten, Zahnärzte, Kosmetiker und viele andere Branchen haben ähnliche Regelungen, um den eigenen Schaden gering zu halten.

Im umgekehrten Fall, wenn dein Tätowierer krank wird, bleibt die Anzahlung bei den meisten Studios bestehen, sofern du in einen Ersatztermin einwilligst. In bestimmten Fällen kann auch hier die Anzahlung einbehalten werden. Wenn du beispielsweise keinen der angebotenen Termine annimmst, behält manch ein Tätowierer die Anzahlung ein, weil schon Zeit und Arbeit in die Vorbereitung deines Tattoos investiert wurde.

Vielleicht bist du auch selbstständig oder Tätowierer/in und kennst das Problem? Dann schildere doch gerne in den Kommentaren deine Erfahrungen mit dem Thema Krankheit in der Selbstständigkeit. Oder bist du Tattookunde und hast Erfahrungen mit Terminabsagen durch Krankheit gemacht? Bist du dann zu einem anderen Tätowierer gegangen? Hast du vielleicht auch negative Erfahrungen gemacht, zum Beispiel, dass dein Tätowierer jeden zweiten Termin wegen einer vorgeschobenen Krankheit abgesagt hat?
In diesem Sinne: Gute Besserung! 🙂

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